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Gesundheitsboost Kälte: Die Vorteile für Körper und Geist

Im heutigen Artikel erfährst du, welche Vorteile es hat, wenn du mehr Kälte in dein Leben lässt. Wer weiß, vielleicht wird die Kälte ja sogar noch zu einer engen Freundin von dir. 

Es gibt noch nicht lange heißes Wasser in unseren Wohnungen. Wenn sie nicht zufällig in der Nähe einer heißen Quelle lebten, badeten unsere frühen Vorfahren auf natürliche Weise. Dieselben Menschen eroberten am Ende der letzten Eiszeit einen Großteil des Planeten. Unsere Gene wurden durch die Widrigkeiten widerstandsfähiger und verschlechterten sich durch ein Übermaß an Komfort. 

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„Over time, we as humans have developed a different attitude towards nature, and we've forgotten about our inner power.“

Wärmere Wohnungen, Dickere Körper

Die standardmäßige Erklärung für die aktuelle Adipositas-Epidemie ist, dass wir zu viel essen und uns zu wenig bewegen. Das stimmt zwar, aber es gibt noch einige andere Aspekte zu berücksichtigen.

Es hat uns Menschen immer viel Energie gekostet, uns gegen die Elemente zu verteidigen. Dann wurde die Zentralheizung erfunden, welche mehr Komfort brachte, uns aber von einer treuen Begleiterin entfernte: der Kälte. 

Die durchschnittliche Temperatur in unseren Wohnungen und Häusern ist in wenigen Jahrzehnten deutlich gestiegen (mehr Details). Unsere thermische Komfortzone ist heutzutage deutlich kleiner als früher. Damit einhergehend haben unsere Fähigkeiten gelitten, mit den Widrigkeiten unserer Umwelt klarzukommen.

Die Durchschnittstemperatur von Häusern ist gestiegen, und der thermische Bereich, dem wir häufig ausgesetzt sind, hat sich verengt

Unsere thermische Monotonie führt dazu, dass wir weniger Kalorien verbrauchen. Eine Vielzahl von Studien kommt zu dem Schluss, dass dieser Temperatur-Komfort eine weitere Ursache für die Volkskrankheit Fettleibigkeit ist (Studie, Review I, Review II, Review III, Review IV, Review V).

Wie dieser Bericht beschreibt, leben wir in einer „adipogenen thermischen Umgebung“. Unsere Gesundheit würde davon profitieren, wenn wir unsere Körpertemperatur gelegentlich senken. Im Folgenden gehen wir auf einige der Vorteile ein, die die Kälte für uns bereithält

Besserer Stoffwechsel

Kälte erhöht Adiponectin, ein Hormon in den Fettzellen, das die Fettverbrennung anregt (Studie I, Studie II). Eine niedrige Konzentration dieses Proteins wird mit Insulinresistenz und Fettleibigkeit in Verbindung gebracht (Studie, Review I, Review II). Seine Zunahme im Körper ist mit einer längeren Lebensdauer verbunden (Review, Studie).

Kälte regt unseren Stoffwechsel signifikant an (Studie I, Studie II) und erleichtert die Fettverbrennung (Studie I, Studie II).

Ein Teil des erhöhten Energieverbrauchs kommt von braunem Fettgewebe oder braunem Fett (mehr Details). Im Gegensatz zu dem ungeliebten weißen Fett ist braunes Fett reich an Mitochondrien. Seine Spezialität ist die Umwandlung von Kalorien in Wärme (mehr Details, Studie).

In unserer modernen und bequemen Gesellschaft bleibt dieser Stoff jedoch fast immer inaktiv. Er benötigt einen Grund, um aktiv zu werden. Dieser Auslöser ist Kälte

Je niedriger die Temperatur, desto stärker die Aktivierung von braunem Fett. Quelle: Klick auf die Grafik

Babys können nicht vor Kälte zittern, deswegen haben sie noch viel braunes Fett zum Schutz. Wenn wir wachsen, verlieren wir einen Teil dieses Fetts. Allerdings fällt der Verlust viel größer aus, wenn wir nie der Kälte ausgesetzt sind. Das wiederum erhöht unser Risiko für Adipositas (mehr Details). 

In dieser Studie wurden signifikante Unterschiede in der Menge an braunem Fettgewebe bei Erwachsenen beobachtet. Die Testpersonen wurden für zwei Stunden kühlen, aber erträglichen 19° Celsius ausgesetzt. Diejenigen mit dem meisten braunen Fett verbrannten im Testzeitraum zusätzliche 250 Kalorien

Personen mit mehr braunem Fett verbrennen mehr Kalorien, wenn sie der Kälte ausgesetzt sind. Quelle:: NCBI (Klick auf die Grafik)

Hinweis: Kälte ist der beste Weg, um braunes Fett zu aktivieren, aber auch Bewegung scheint einen leichten Effekt zu haben (Review, Studie).

Kälte erhöht aber nicht nur den Stoffwechsel, sondern verbessert auch unsere Insulinsensitivität (Studie).

Natürlich kann Kälte niemals die Folgen von schlechter Ernährung oder zu wenig Bewegung kompensieren. Aber sie kann ein hilfreicher Faktor sein, dem wir mehr Beachtung schenken sollten (Studie I, Studie II, Review). 

Tatsächlich sehen wir eine umgekehrte Relation zwischen der Aktivierung von braunem Fett und der Zunahme von weißem Fett (Studie), aber die Richtung dieser Beziehung ist nicht klar. Akkumuliert sich weißes Fett, wenn braunes Fett nicht aktiviert wird, oder geht das braune Fett durch die Gewichtszunahme zurück? Beides kann zutreffen, aber eines ist eindeutig: Die Aktivierung von braunem Fett hilft uns.

Je mehr weißes Fett, desto weniger braunes Fett. Quelle: neijm.org (Klick auf die Grafik)

Jüngere Studien deuten übrigens darauf hin, dass die Verbesserung unseres Metabolismus die Kälteexposition zu einem Verbündeten bei Krebstherapien machen könnte (Studie I, Studie II).

Bessere Stimmung

Die Exposition gegenüber Kälte erhöht den Noradrenalin-, Dopamin- und Beta-Endorphin-Spiegel und verbessert die Wachsamkeit und Aufmerksamkeit. Das alles macht kaltes Duschen auch zu einer wirksamen Waffe gegen Depressionssymptome (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV).

Foto: Tobias Oetiker

Wie Hitze setzt auch Kälte sog. Hitzeschockproteine ​​frei. Eines der am besten untersuchten ist RBM3 (= RNA Binding Motif Protein 3), das bei Tieren eine neuroprotektive Rolle spielt (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV). Zwar ist bisher nicht klar, ob die Wirkung beim Menschen ähnlich direkt ist, aber es handelt sich um eine Intervention, die bei einem Hirntrauma eingesetzt wird (mehr Details I, mehr Details II).

Bei Tieren verlängert ein starkes Vorhandensein dieser Proteine ​​das Leben (Studie I, Studie II). Beim Menschen gibt es viele positive Resultate aus Beobachtungsstudien, die in Saunen durchgeführt wurden.

Reduzierung von Entzündungen

Niedriggradige systemische Entzündungen tragen zu fast allen modernen chronischen Erkrankungen bei. Ihre Reduktion ist mit einer erhöhten Langlebigkeit verbunden (mehr Details).

Sich der Kälte temporär auszusetzen, hilft diese chronische Entzündung zu reduzieren (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV).

Tatsächlich könnte ein Teil der beobachteten Verbesserungen bei Depressionen durch Kältebehandlungen auch mit weniger Entzündungen des Gehirns zusammenhängen (mehr Details).

Regulierung des Immunsystems

Auch unser Immunsystem scheint von der Herausforderung zu profitieren, der Kälte standzuhalten:

  • Dreimal pro Woche für jeweils eine Stunde bei 14 °C zu baden, erhöhte die Anzahl der Zellen des Immunsystems (Studie). Ein ähnlicher Effekt wurde bei einer Umgebungskälte von 4 bis 5 °C für 1–2 Stunden festgestellt (Studie I, Studie II). 
  • Menschen, die häufig in kaltem Wasser schwimmen, haben mehr Leukozyten und Monozyten (Studie).
  • Dreißig Tage lang die Dusche mit kaltem Wasser zu beenden, reduzierte die Abwesenheitszeiten von der Arbeit (Studie).

Strategien, um die Kälte für sich zu nutzen

Im Winter sollte man nicht unbedingt barfuß gehen, sich aber auch nicht zu sehr vor der Kälte schützen.

Warte doch künftig etwas und ziehe deine Jacke erst an, wenn dir kalt ist. Versuche zu Hause bisweilen für ein paar Stunden eine Temperatur von unter 19 °C auszuhalten. Für die meisten Menschen ist das erträglich, setzt aber bereits einen interessanten Reiz. (Studie).

Es braucht keine chronische Kälte, um von den vielfältigen Vorteilen zu profitieren, sondern nur spezifische Reize. Kalt zu duschen ist ideal, weil es sich um einen punktuellen Reiz handelt, der sich gut regulieren lässt. 

Du kannst damit starten, dass du deine normale Dusche mit 30 Sekunden etwas kälterem Wasser beendest. Mit der Zeit kannst du dann sowohl die Dauer steigern als auch die Temperatur weiter senken. Ein gutes Ziel wäre es, die Dusche mit zwei Minuten kaltem Wasser abzuschließen oder im Sommer direkt nur mit kaltem Wasser zu duschen.

Natürlich geht nichts über das Baden in der Natur. Wann immer du die Gelegenheit hast, im (kalten) See oder im Meer zu baden, solltest du sie nutzen. 

Temperatur

Das Eintauchen in Wasser bei 14 °C erzeugt bereits eine ausgeprägte hormonelle Reaktion (Studie). Die meisten Studien verwenden Temperaturen zwischen 5 und 15 °C.

Gehe – wie immer – schrittweise vor. Beginne für 30–60 Sekunden mit unangenehmen, aber noch erträglichen Temperaturen. Wenn du anfängst zu zittern, solltest du aufhören. Dein Körper hat dann bereits den nötigen Reiz erhalten.

Seit einigen Jahren ist die Kryotherapie in Mode, die dich Temperaturen von unter -100 ° C aussetzt. Kälter ist aber nicht unbedingt besser. Nach einer zeitlichen Anpassung scheint reines Wasser effizienter zu sein als eine ausgeklügelte Kryotherapie (Studie I, Studie II).

Das Timing / Kälte und Training

Die Kälte aktiviert uns und macht die kalte Dusche zu einem tollen Start in den Tag. 

Nur beim Krafttraining ist Vorsicht im Zusammenhang mit Kälte geboten, da diese ein zweischneidiges Schwert ist.

Bewegung steigert die Entzündung im Körper und erhöht den oxidativen Stress (Studie I, Studie II). Dieser kurze, aber ausgeprägte Anstieg ist aber keinesfalls schlimm, sondern sogar notwendig. Das ist genau eines der Signale, die muskuläre Anpassungen bzw. das Wachstum von Muskeln auslösen.

Kälte reduziert Entzündungen und erhöht die antioxidative Kapazität des Körpers (Studie I, Studie II). Das ist zwar im Allgemeinen gut, aber nicht unbedingt nach dem Training (oder einer Verletzung).

In dieser Studie bauten etwa die Probanden, die nach dem Training (für 10 Minuten bei 10 °C) ein kaltes Bad nahmen, weniger Muskelmasse auf als die anderen Teilnehmer. Andere Studien bestätigen dieses Ergebnis (Studie I, Studie II, Studie III).

Wer nach dem Training in kaltes Wasser tauchte (CWI – Cold Water Immersion), baute weniger Muskelmasse auf. Quelle: physoc.onlinelibrary (Klick auf die Grafik)

Zudem kann die Kälte die kurzfristige Erholung erleichtern (Review, Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV). Das kann beispielsweise für einen Wettkampf interessant sein, bei dem man sich in kurzer Zeit in unterschiedlichen Disziplinen beweisen muss (Studie). In diesem Fall ist die schnelle Regeneration wichtiger als die nachträgliche muskuläre Anpassung. 

Die Auswirkungen hängen auch von der Art der körperlichen Aktivität ab. Kälte aktiviert etwa das Enzym AMPK und könnte die mitochondriale Biogenese verbessern (Studie I, Studie II), was für Ausdauersportarten entscheidender ist als bei anderen Sportarten. So zeigten Studien bei Radfahrern Leistungsverbesserungen nach dem Einsatz von Kälte (Studie I, Studie II).

Der psychologische Vorteil

Wie wir bereits gelernt haben, nützt das häufige Verlassen unserer thermischen Komfortzone dem Körper, aber auch unserem Geist.

In jedem von uns gibt es einen ständigen Kampf zwischen dem Reiter und dem Elefanten. Der Reiter ist rational und denkt langfristig. Der Elefant ist emotional und bewegt sich mehr zum Vergnügen und zum Komfort. Der Reiter möchte das Richtige tun, der Elefant möchte das Einfache tun.

Jedes Mal, wenn du dich zu etwas zwingst, auf das du keine Lust hast, wird dein Reiter stärker. Jedes Mal, wenn die Bequemlichkeit gewinnt, wird dein Elefant stärker.

Der Moment in der Dusche vor dem Drehen des Temperaturreglers spiegelt diesen Kampf gut wider: Dein Reiter weiß, dass du dich nach einer kalten Dusche toll fühlen wirst, aber dein Elefant hat Angst vor der Kälte. Deine Reaktion in diesem Moment ist wichtiger, als du denkst. Die Disziplin bei den kleinen alltäglichen Entscheidungen wirkt sich auf alle Aspekte deines Lebens aus.

Wie Viktor Frankl sagte: „Zwischen Stimulus, Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum ist unsere Macht, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegt unser Wachstum und unsere Freiheit“. Wähle in diesem Entscheidungsraum bisweilen die Kälte.

Links und Bücher zum Thema

Titelbild: Alessio Soggetti

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