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Kaffeemythen und Wahrheit

Kaffee hatte jahrzehntelang einen schlechten Ruf. Grundsätzlich wurde jede Substanz, die unseren Geisteszustand verändern kann, verdächtigt. Man nahm an, dass der langfristige Schaden für die Gesundheit größer wäre als die kurzfristigen Vorteile.

Je mehr jedoch die Wirkung von Kaffee auf unsere Gesundheit untersucht wurde, desto mehr kamen auch langfristige Vorteile ans Licht. 

Trotzdem halten sich bis zum heutigen Tag viele Mythen über den Konsum von Kaffee. Im heutigen Artikel werden wir uns die fünf am häufigst wiederholten Mythen näher anschauen: 

  • Kaffee entzieht dem Körper Wasser
  • Kaffee demineralisiert
  • Kaffee verursacht Bluthochdruck
  • Kaffee verursacht Lungenkrebs
  • Kaffee enthält viele Mykotoxine 

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„Kaffee dehydriert den Körper nicht. Ich wäre sonst schon Staub.“

Mythos 1: Kaffee entzieht dem Körper Wasser

An diesem Glauben scheint auf den ersten Blick etwas dran zu sein. Denn es ist wahr, dass Koffein die sogenannte glomeruläre Filtration in den Nieren und den Harndrang erhöht und als natürliches Diuretikum wirkt (Studie I, Studie II).

Die Menge an Wasser, die jede Tasse Kaffee enthält, ist jedoch viel höher als die Flüssigkeit, die du aufgrund der erhöhten Diurese verlierst. Vor diesem Hintergrund ist es absurd zu glauben, dass Kaffee uns Wasser entzieht. 

Diese Metaanalyse schätzt, dass 300 mg Koffein (entspricht circa drei Tassen Kaffee), einen Flüssigkeitsverlust von nur 100 ml zur Folge hat, also viel weniger als das Wasser, dass wir durch den Konsum des Kaffees zu uns nehmen würden.  

Kaffeegenuss ohne schlechtes Gewissen
Foto: Tyler Nix

Überdies wurde festgestellt, dass Bewegung den diuretischen Effekt mildert. Die Schlussfolgerung lautet, dass „Bedenken über den Flüssigkeitsverlust durch den Koffeinkonsum nicht gerechtfertigt sind, insbesondere wenn die Einnahme vor dem Training erfolgt“.

Eine andere Studie, die verschiedene Hydratationsindikatoren bewertete, kam zu dem Schluss, dass uns Kaffee in gleicher Weise wie Wasser hydratisiert.

Mythos 2: Kaffee demineralisiert

Der Glaube, dass der Kaffee dem Körper Mineralstoffe entzieht, stammt von Studien, die eine stärkere Ausscheidung von Kalzium beim Konsum von Koffein zeigen.

Jüngste Studien kommen allerdings zu dem Schluss, dass dieser Verlust minimal ist und lediglich der Menge an Kalzium entspricht, die in einem oder zwei Esslöffeln Milch enthalten ist (Studie I, Studie II).

Weiterhin finden die meisten Studien keinen Zusammenhang zwischen dem Kaffeekonsum und der Wahrscheinlichkeit an Osteoporose zu erkranken (Studie I, Studie II, Studie III).

Tatsächlich zeigten mehrere Studien, dass Menschen mit moderatem Kaffeekonsum eine bessere Knochendichte hatten (Studie I, Studie II).

Bei stärkerem Kaffeekonsum ab vier Tassen fanden Studien zwar einen leichten Zusammenhang zu einer verminderten Knochendichte, aber ohne den Knochenverlust, der ein erhöhtes Risiko für eine Fraktur bedeuten würde. 

Wenn wir über die Knochengesundheit sprechen, sollten wir auf jeden Fall daran denken, dass regelmäßiges Krafttraining die beste Vorsorge gegen Osteoporose ist

Hinweis: Viele Artikel, die vor den Gefahren von Kaffee warnen, basieren auf Studien, die mit reinem Koffein durchgeführt wurden. Kaffee ist jedoch viel mehr als Koffein, enthält Dutzende von Polyphenolen (mehr Details) und einige Mineralien (mehr Details), die für die gesundheitsfördernde Wirkung mitverantwortlich sind. Das bedeutet zwar nicht unbedingt, dass reine Koffeinpräparate schlecht wären, aber du solltest sie zumindest mit mehr Sorgfalt verwenden.

Mythos 3: Kaffee verursacht Bluthochdruck

Chronischer Bluthochdruck ist eine der Hauptursachen für Herzkrankheiten. Das mag die Angst erklären, die manche Menschen vor dem Konsum von Kaffee haben.

Eine Metaanalyse von 34 Studien kommt zu dem Schluss, dass 2–4 Tassen Kaffee pro Tag den Blutdruck bei nicht geübten Kaffeetrinkern leicht erhöht, allerdings nur um 2 mmHg (= Millimeter-Quecksilbersäule)  und das auch nur für einige Stunden (siehe Studie). Bei regelmäßigem Konsum von Kaffee steigt der Blutdruck dann nicht mehr an

Punktuelle Erhöhungen des Blutdrucks sind außerdem nicht gefährlich, sondern können sogar positiv für uns sein. Eine andere Möglichkeit, den Blutdruck vorübergehend zu erhöhen, ist Bewegung. Sport ist mit das Beste, was wir für unser Herz machen können.

Wenn wir über die Wirkung von Kaffee auf den Langzeitblutdruck sprechen, finden Metaanalysen (wie diese oder diese) keinen Zusammenhang zwischen dem Kaffeekonsum von mehr als drei Tassen täglich und Bluthochdruck

Tatsächlich fanden Untersuchungen (Studie I, Studie II) eine niedrigere Hypertonie bei hohem Kaffeekonsum, also bei mehr als vier Tassen pro Tag.

Kaffee scheint darüber hinaus auch positive Auswirkungen auf unsere kardiovaskuläre Gesundheit zu haben. Das deuten zumindest die Ergebnisse einiger Untersuchungen an. 

Laut dieser Metaanalyse aus dem Jahr 2018 ist ein regelmäßiger Kaffeekonsum (3–5 Tassen täglich) mit einer 15-prozentigen Verringerung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einer insgesamt geringeren Gesamtsterblichkeit verbunden. Zum gleichen Ergebnis kommen auch jüngere Studien wie diese oder diese. Auch löslicher oder Instant-Kaffee – im Allgemeinen von etwas schlechterer Qualität – wird mit einer besseren arteriellen Gesundheit in Verbindung gebracht (Studie I, Studie II).

Zwei weitere Untersuchungen (Studie I, Studie II) stellten den größten Schutz bei 3–5 Tassen pro Tag fest. Um die Gesundheit der Herzkranzgefäße tatsächlich negativ zu beeinflussen, würde man schon neun oder mehr Tassen pro Tag trinken müssen.   

Schließlich stellt diese Übersichtsstudie (welche die Ergebnisse Hunderter von Metaanalysen analysierte) ebenfalls eine positive Rolle des Kaffees für die kardiovaskuläre Gesundheit fest.

Mythos 4: Kaffee verursacht Lungenkrebs

Dieser Glaube stammt von Studien, die vor einigen Jahren einen Zusammenhang zwischen Kaffee und Lungenkrebs festgestellt haben.

Wenn man die Ergebnisse aber näher analysiert, scheint es, dass hier Korrelation mit Kausalität verwechselt wurde.

Menschen, die viel Kaffee trinken, neigen nämlich auch dazu, mehr zu rauchen (Studie). Die Vermutung liegt nahe, dass das höhere Risiko für Lungenkrebs auf den Tabak und nicht auf den Kaffee zurückzuführen ist. 

Neuere Metaanalysen bestätigen diesen Verdacht und kommen zu dem Schluss: „Die Schätzungen deuten darauf hin, dass Kaffee unter Berücksichtigung der Konfundierung durch das Rauchen kein Risiko für Lungenkrebs darstellt.“

Tatsächlich wird bei der Auswertung globaler Untersuchungen der Kaffeekonsum mit einer Verringerung des Krebsrisikos (aller Krebsarten) um 18 Prozent in Verbindung gebracht.

Eine Überprüfung aus dem Jahr 2020 bestätigt, dass viele Einzelstudien entscheidende Faktoren wie das Rauchen oder den Zuckerverbrauch (der ebenfalls häufig mit dem Kaffeekonsum einhergeht) nicht richtig angepasst haben. In Anbetracht dessen kommt die Überprüfung zu dem Schluss, dass „aktuelle Studien die schützende Wirkung von Kaffee möglicherweise unterschätzen“.

Ein weiterer möglicher Störfaktor ist die Qualität des Kaffees. Viele Studien werden mit mittelmäßigem Kaffee durchgeführt, daher wären die Ergebnisse von Untersuchungen mit hochwertigem Kaffee sicherlich aussagekräftiger.

Mythos 5: Kaffee enthält viele Mykotoxine (oder Acrylamide)

Einige Menschen raten wegen des Mykotoxingehalts davon ab, Kaffee zu trinken. Mykotoxine sind natürliche Toxine, die von einigen Pilzarten produziert werden (mehr Details). Die Mykotoxine, die am häufigsten im Kaffee vorkommen, sind Aflatoxin und Ochratoxin.

Mykotoxine in hohen Dosen sind giftig, daher gibt es Vorschriften, um die in unseren Lebensmitteln vorhandenen Mengen zu kontrollieren. Sie finden sich im Kaffee, aber auch in Getreide, Nüssen, Gewürzen, Trockenfrüchten, Wein oder auch im Bier (mehr Details I, mehr Details II).

Sind Mykotoxine im Kaffee in höherer Dosis enthalten? Nein. Studien wie diese oder diese fanden keine besorgniserregenden Werte, allerdings handelt es sich um vergleichsweise lang zurückliegende Untersuchungen.

Glücklicherweise gibt es zu dem Sachverhalt neuere Informationen aus Spanien. Eine Studie der Universität Valencia fand Mykotoxine zwar in den meisten Kaffeeproben, jedoch nur in geringen Mengen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Mykotoxine im Kaffee kein Gesundheitsrisiko darstellen.

Zum gleichen Ergebnis kommt auch eine andere Untersuchung aus den Vereinigten Staaten.

Foto: Alin Luna

Ebenso eliminiert das Rösten von Kaffee die Hälfte der Mykotoxine (Studie) und das Koffein erschwert zudem die Entwicklung der Pilze. Ebendarum enthalten grüner und entkoffeinierter Kaffee mehr Mykotoxine (Studie), jedoch auch in völlig unbedenklichen Mengen.

Zum Beispiel liefern vier Tassen Kaffee nur 2 Prozent der maximalen Menge an Ochratoxins, die für uns als sicher gilt (Studie). Um in die Risikozone zu kommen, müssten wir also schon 200 Tassen Kaffee trinken. 

Mykotoxine im Übermaß erhöhen das Risiko für Leberkrebs und Neurodegeneration. Bei Kaffeetrinkern können wir aber den gegenteiligen Effekt beobachten: ein geringeres Risiko für Leberkrebs (Metaanalyse) und weniger neurodegenerative Erkrankungen (Studie I, Studie II). Die Mykotoxine im Kaffee sind also kein Problem.

Gleiches gilt übrigens auch für die Acrylamide (Studie I, Studie II).

Ist also am Kaffee überhaupt nichts auszusetzen?

Wie immer macht die Dosis das Gift.

Wenn wir über die Vorteile von Kaffee sprechen, meinen wir 2–4 Tassen Kaffee pro Tag. Das ist die Dosis, die in fast allen Studien mit dem größten Schutz verbunden ist.

Abgesehen davon, und wie bei allen Lebensmitteln und Getränken, haben verschiedene Menschen unterschiedliche Toleranzen. Manche Menschen vertragen Obst nicht und andere reagieren empfindlich auf pflanzliche Lektine. Das bedeutet aber nicht, dass diese Lebensmittel schlecht wären.

Wir wissen zum Beispiel, dass unterschiedliche genetische Varianten Ihre Verträglichkeit beeinflussen (Studie I, Studie II).

Wenn dich Kaffee übermäßig stimuliert, reduziere deinen Konsum, beschränke ihn auf die ersten Stunden des Tages oder wechsele zu entkoffeinierten Kaffee, der zwar die meisten Polyphenole des normalen Kaffees enthält, aber ohne die stimulierende Wirkung des Koffeins auskommt.

Bist du schwanger, solltest du die empfohlene Tagesdosis von 200 mg Koffein pro Tag nicht überschreiten (mehr Details).

Wenn du Kaffee einsetzt, um bestehende Schlafdefizite zu kaschieren, wirst du mit der Zeit Probleme bekommen. Der Kaffee ist daran aber nicht schuld. Versuche in diesem Fall, die Aufnahme von Koffein zu reduzieren und mehr Schlaf zu bekommen. Auch Dopaminfasten solltest du in Erwägung ziehen. 

Letztlich ist die wichtigste Metrik, die wir als Menschen beachten sollten, die der Sterblichkeit. Diesbezüglich ist sich die überwiegende Mehrheit der Studien einig: Menschen, die Kaffee trinken, leben länger (Studie, Metaanalyse).

Titelbild: Janko Ferlič 

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