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Grundlagen des Stoizismus: Prinzipien, Ursprung, Werkzeuge, Bücher…

Heute lernst du die Grundlagen des Stoizismus kennen. Du bekommst wichtige Ideen, Werkzeuge und Buchempfehlungen.

Lass dir den Artikel hier vorlesen

In diesem Artikel geben wir einen grundlegenden Überblick über den Stoizismus. Dies ist unser Fahrplan:

  1. Was ist der Stoizismus? 
  2. Ursprung des Stoizismus
  3. Die wichtigsten stoischen Ideen 
  4. Wie verhält sich ein Stoiker? 
  5. Stoische Werkzeuge
  6. Berühmte Stoiker  
  7. Gute Bücher zum Thema 

1. Was ist der Stoizismus?

Der Stoizismus ist eine Philosophie, die versucht, unserem Leben eine Richtung zu geben. Sie bietet konkrete Werkzeuge zur Steigerung des Glücks und zur Überwindung von Widrigkeiten.

Der Stoizismus gibt deinem Handeln eine Richtung (Foto: Ghinzo)

Du kannst dir Stoizismus auch als eine Art mentales Betriebssystem vorstellen, das dir in jeder Lebenssituation Orientierung gibt. Du erhältst praktische Handlungsempfehlungen, um deine Ziele zu erreichen und inmitten des Chaos ruhig und gelassen zu bleiben.

2. Ursprung des Stoizismus

Zenon von Kition begründete 300 v. Chr. die stoische Philosophie. Zenon war ein zyprischer Kaufmann, der auf einer Reise nahe der griechischen Küste Schiffbruch erlitt. Er verlor alle seine wertvollen Waren und kam nur knapp mit dem Leben davon. Schließlich gelangte er nach Athen, wo er sich für Philosophie zu interessieren begann.

In der Folge studierte er bei vielen Lehrern und lernte verschiedene philosophische Strömungen kennen. Aus den jeweils besten Ideen und seinen eigenen Gedanken baute er seine eigene philosophische Richtung auf.

Zenon begann seine Lehrtätigkeit in einer Säulenhalle auf dem Marktplatz (altgriechisch: agora) in Athen, der sogenannten Stoa. Seine Welt- und Lebensanschauung wurde als Stoizismus, stoische Philosophie oder Stoa bekannt.

Bild von einer Stoa

Der praktische und lebensnahe Ansatz der stoischen Philosophie hat seit jeher viele Anhänger aus allen Lebensbereichen angezogen.

Viele einflussreiche und erfolgreiche Menschen erkannten den Nutzen, bedienten sich der stoischen Ideen und sprachen öffentlich darüber. So wurde der Stoizismus zu einer äußerst populären Philosophie.

Ein Teil der Anziehungskraft liegt in der unmittelbaren Anwendbarkeit der Ideen und Prinzipien. Der Stoizismus verbringt nicht viel Zeit mit intellektuellen Debatten, sondern versucht, Lösungen für Probleme und Herausforderungen zu finden, die uns alle betreffen: Krankheiten, Entscheidungen, Kritik, Ärger, Widrigkeiten, Versuchungen …

Der Stoizismus kann jedem helfen, Antworten zu finden, unabhängig von der sozialen Schicht. Epiktet – einer der berühmtesten Stoiker – war ein Sklave. Marcus Aurelius hingegen war der mächtigste Mann seiner Zeit. Die stoischen Methoden wurden sowohl in Gefängnissen als auch in Palästen erprobt.

3. Die wichtigsten stoischen Ideen

Der Stoizismus enthält eine Vielzahl wertvoller Ideen, die wir in unserem Buch Invicto – Unbezwingbar ausführlicher behandeln.

Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Ideen kurz zusammen.

Dein Rückgrat: Die stoischen Prinzipien eudaimonia, areté und ataraxia

„Nenne dich niemals einen Philosophen und sprich unter Ungebildeten auch möglichst nicht über die philosophischen Lehrsätze, sondern handle danach.“

eudaimonia

Für die Stoiker war eudaimonia das höchste Ziel des Lebens. Der Begriff wird oft mit Glück übersetzt, was jedoch der hohen philosophischen Bedeutung, die die Stoiker der eudaimonia beimaßen, nicht gerecht wird. Manche ziehen daher Begriffe wie Selbstverwirklichung oder persönliches Wachstum vor.

Aus dieser Perspektive bedeutet eudaimonia, dass wir unser wahres Potenzial ausschöpfen und die Kluft zwischen dem, was wir sind, und dem, was wir werden könnten, überbrücken.

Die eudaimonia wiederum beruht auf zwei Begriffen: areté oder Tugend und ataraxia = Ruhe.

areté = Tugend

Die Tugend ist das bei Weitem wichtigste Anliegen der Stoiker. Sie waren davon überzeugt, dass tugendhaftes Handeln eine notwendige Voraussetzung für das Erreichen von eudaimonia oder Glückseligkeit ist.

Anstelle von Tugend verwendeten die Stoiker den Begriff areté, der auch als Vorzüglichkeit einer Person oder als die Summe aller Handlungen, die es uns ermöglichen, unser Potenzial

Sie hoben vier Tugenden hervor: Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Disziplin.

Die Stoiker erkannten, dass tugendhaftes Handeln nicht einfach ist und verglichen die persönliche Entwicklung mit sportlichem oder militärischem Training, das wir am besten täglich praktizieren.

Im 21. Jahrhundert über Tugend zu sprechen, mag etwas altmodisch klingen, aber das Thema ist so aktuell wie eh und je. Wer danach strebt, sich Wissen anzueignen (Weisheit), andere gut zu behandeln (Gerechtigkeit), trotz Angst, das Richtige zu tun (Mut) und Hindernisse und Versuchungen zu überwinden (Disziplin), wird ein erfolgreiches Leben führen.

ataraxia = Ausgeglichenheit

„Je näher ein Mann einem ruhigen Geist kommt, desto näher ist er der Stärke.“

Obwohl die Stoiker der Tugend eine weitaus größere Bedeutung beimaßen als der Ausgeglichenheit, legten sie großen Wert auf die Aufrechterhaltung der geistigen Gelassenheit oder ataraxia. Zwischen beiden Elementen sahen sie einen klaren Zusammenhang.

Einerseits hat tugendhaftes Handeln bereits Gelassenheit zur Folge, oder in den Worten Senecas: „Ohne gutes Gewissen gibt es keine Ruhe“.

Andererseits wird ein ängstlicher oder von negativen Emotionen beherrschter Geist Schwierigkeiten haben, vernünftig zu handeln. Ruhe kann uns vor unbedachten Fehlern bewahren.

Mehr Ausgeglichenheit dank der Stoiker

Die Stoiker sehen eine der Hauptursachen für seelische Erregung und Anspannung in einer verzerrten Wahrnehmung der Realität. Wir reagieren emotional auf alltägliche Situationen, wie z. B. einen Streit mit dem Partner oder das Steckenbleiben im morgendlichen Berufsverkehr.

Vor diesem Hintergrund legt der Stoizismus großen Wert auf eine objektive und neutrale Betrachtung der Realität.

Die Wahrnehmung von der Realität trennen

„Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben.“

Wir neigen dazu, unsere Gedanken mit den Tatsachen zu verwechseln, weil wir annehmen, dass unsere ersten Eindrücke die Realität genau widerspiegeln. Das ist natürlich trügerisch, denn zwei Menschen können ein und dasselbe Ereignis ganz unterschiedlich interpretieren.

Die Stoiker erkannten, dass wir nicht direkt auf Ereignisse reagieren, sondern auf unsere Interpretation dieser Ereignisse. Deshalb rieten sie, den ersten Eindruck zu hinterfragen und sich nicht vorschnell eine feste Meinung zu bilden.

Wenn dir etwa ein Glas herunterfällt, soll deine innere Reaktion sein: „Ich habe ein Glas zerbrochen“, anstatt dich mit Gedankenspiralen à la „Ich habe schon wieder ein Glas zerbrochen! Wie ungeschickt ich bin! Ich mache nie etwas richtig.“ Die erste Reaktion ist eine objektive Feststellung, die zweite ein Werturteil, das wahrscheinlich falsch, aber mit Sicherheit nutzlos ist.

Die Stoiker nannten die ersten Eindrücke Fantasien. Manchmal spiegeln sie die Realität gut wider, oft aber auch nicht. Bevor wir unsere Interpretationen bestätigen, müssen wir sie hinterfragen. Wir sollten sie als Hypothesen und nicht als Tatsachen betrachten.

Wenn wir diese erste Wahrnehmung kritisch betrachten, können wir sie verändern. Auf diese Weise haben wir einen produktiveren Blick auf uns selbst und die Welt um uns herum. Diese Klarheit wird auch unsere Reaktion auf die Situation verbessern.

Unkritisch übernommene Eindrücke sind die Quelle vieler übertriebener Emotionen, die wir später oft bereuen. Deshalb ist es wichtig, diese Praxis so konsequent wie möglich anzuwenden.

Ziel ist es, von einer emotionalen zu einer rationalen Reaktion zu gelangen und eine kritische Pause zwischen dem Reiz bzw. Auslöser und unserer Reaktion einzulegen.

Wie immer ist das leichter gesagt als getan. Um sich in diesem Bereich zu verbessern, muss man so oft wie möglich üben und auf seine Gedanken und Gefühle achten.

Die Stoiker empfahlen dazu das Konzept der prosoche.

Wahrnehmung oder prosoche

„Du wirst zu dem, worauf du achtest.“

Allein die Beobachtung unserer Gedanken und unseres Verhaltens macht uns bewusster, was in unserem Kopf vorgeht. Genau das ist das Ziel eines Prozesses, den die Stoiker prosoché nannten.

Das hat drei Vorteile:

  1. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit kontrollieren, können wir unser Denken und Handeln verbessern und auf unsere wahren Ziele ausrichten.
  2. Die Konzentration auf die Gegenwart verhindert einen Großteil des emotionalen Leidens, das durch (schlechte) Erinnerungen an die Vergangenheit oder Ängste vor der Zukunft verursacht wird.
  3. Die Konzentration auf das Hier und Jetzt hilft, Widrigkeiten zu ertragen.

Aufmerksamkeit ist das Vergrößerungsglas des Geistes. Sie ermöglicht es uns, Gedanken zu beobachten, die uns vorher nicht bewusst waren. So können wir zum Beispiel erkennen, wie Emotionen entstehen und wie sie unseren Geisteszustand verändern, wenn wir sie nicht rechtzeitig stoppen

Kognitive Verhaltenstherapien basieren auf dem Stoizismus. Viele ihrer Strategien basieren darauf, sich der automatisch auftretenden Gefühle und Gedanken bewusst zu werden, um mit ihnen umgehen zu können.

Indem wir eine Emotion etikettieren oder benennen, machen wir sie greifbarer und handhabbarer. Durch Reflexion und einen anderen Blickwinkel reduzieren wir die negative Wirkung unserer (negativen) Emotion.

Die Dichotomie der Kontrolle = Konzentration auf das, was von wirklich von uns abhängt

„Der weise Mann kümmert sich um die Absicht seiner Handlungen, nicht um deren Ergebnisse. Unsere anfängliche Aktion steht unter unserer Kontrolle, aber das Schicksal bestimmt ihr Ende.“

Unser Wohlbefinden von Dingen abhängig zu machen, die sich unserer Kontrolle entziehen, ist eine der Hauptursachen für Unzufriedenheit.

Deshalb empfahlen die Stoiker, unsere Anstrengungen und unsere Aufmerksamkeit auf das zu richten, was wirklich von uns abhängt: unsere Wahrnehmung und unser Handeln.

Alles andere liegt außerhalb unserer Kontrolle. Die Stoiker erwähnten ausdrücklich Dinge wie unseren Körper, unseren Besitz und unseren Ruf. 

Bedeutet das, dass wir keine Kontrolle über unseren Körper oder unsere Gesundheit haben? Ja und nein. Wir haben die Kontrolle über einige Aspekte. So entscheiden wir täglich, was wir essen und wie viel wir uns bewegen. Vor möglichen Krankheiten oder Unfällen werden wir aber nie ganz sicher sein.

Die Stoiker raten, sich auf das eigene Handeln zu konzentrieren und sich vom Ergebnis zu lösen. Wir müssen versuchen zu verstehen, dass das Endergebnis unserer Bemühungen und Handlungen in vielen Fällen auch von Faktoren abhängt, auf die wir keinen Einfluss haben.

Konzentration auf das Wesentliche // Foto von Norbert Braun

Zwei praktische Beispiele: 

  • Denk nicht darüber nach, wie viel du abnehmen willst, sondern konzentriere dich auf die nächste Mahlzeit und das nächste Training.
  • Verschwende keine Zeit mit der Frage, ob und wann du befördert wirst. Erledige stattdessen die Aufgaben von heute, so gut du kannst.

Kurz gesagt: Konzentriere dich auf das, was du wirklich kontrollieren kannst, und versuche, alles andere zu ignorieren. Auf diese Weise maximierst du die Wahrscheinlichkeit, das gewünschte Ergebnis zu erzielen, und vermeidest gleichzeitig unnötiges Leiden.

Amor Fati = das Schicksal lieben lernen

„Wir müssen die Dinge, die in unserer Macht stehen, möglichst gut einrichten, alles andere aber so nehmen, wie es kommt.“

Obwohl der Begriff amor fati erst lange nach den frühen Stoikern aufkam, spiegelt er perfekt die stoische Lehre wider, das Schicksal nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu schätzen. Wir können nicht ändern, was geschehen ist, aber wir können bestimmen, wie wir darauf reagieren.

Manche beschreiben Stoizismus auch als die Kunst, Hindernisse in Chancen zu verwandeln.

Zenon selbst, der Begründer der stoischen Philosophie, ist ein gutes Beispiel. Er verlor sein gesamtes Vermögen und fast sein Leben bei einem Schiffsunglück. Aber ohne diese Katastrophe hätte er nicht die philosophische Schule gegründet, die Millionen von Menschen geholfen hat.

Er selbst sagte dazu: „Dank eines Schiffbruchs hatte ich eine sehr erfolgreiche Reise.“

Um die von ihnen empfohlene Beziehung zu unserem Schicksal zu erklären, benutzten die Stoiker die Analogie eines Hundes, der an einen Karren gebunden ist. Der Wagen wird von Tieren gezogen, die viel stärker sind als der Hund.

Der Hund hat zwei Möglichkeiten

  1. Er kann neben oder hinter dem Wagen laufen, die Länge der Leine ausnutzen und die Zeit nutzen, um alles auf dem Weg zu erkunden.
  2. Er kann sich mit aller Kraft dagegen wehren, vom Karren mitgeschleift zu werden.

In beiden Fällen kommt der Hund zur gleichen Zeit am gleichen Ziel an. Aber er wird die Reise ganz unterschiedlich wahrnehmen. Im ersten Fall kommt er entspannt an und hat die Reise vielleicht sogar genossen. Im zweiten Fall wird er mit Schmerzen ankommen, erschöpft und frustriert sein.

Seneca beschrieb es so: „Das Schicksal leitet diejenigen, die es annehmen, und zieht diejenigen mit sich, die es ablehnen.“

Kurz gesagt, wir haben jeden Tag die Wahl: Genießen wir die Momente und machen das Beste daraus, oder bedauern wir, dass die Dinge nicht so laufen, wie wir es uns vorgestellt haben?

Stoische Freiheit = Die Impulse kontrollieren

„Du bist ein Erwachsener, du wirst dich nicht mehr versklaven lassen, von keinem Impuls wie eine Marionette geschüttelt werden, du wirst aufhören, dich über deine gegenwärtige Situation zu beschweren, und du wirst keine Angst vor der Zukunft haben.“

Wir neigen zu der Annahme, dass Freiheit darin besteht, jederzeit tun zu können, was uns gefällt. Paradoxerweise kann dies die schlimmste Form der Sklaverei sein.

Wenn wir die Vernunft unseren Wünschen unterordnen, werden wir zu ihren Sklaven. Oder wie Seneca sagte: „Die schlimmste Form der Sklaverei ist, ein Sklave seiner selbst zu sein.“

Der Stoizismus hilft dir, dass du nicht zum Sklaven deiner selbst wirst // Foto: Kenny Eliason

Für die Stoiker ist der einzige Sklave derjenige, der von seinen Leidenschaften beherrscht und von seinen Emotionen beeinflusst wird. Ohne Selbstbeherrschung wird unser Geist zum schlimmsten Gefängnis. Ohne Disziplin gibt es keine Freiheit.

Wenn jemand Tabak oder Süßigkeiten braucht, um das Leben zu genießen, ist er in Wirklichkeit ein Sklave seiner Bedürfnisse.

Für die Stoiker ist Freiheit also die Fähigkeit, vernünftig zu handeln und sich nicht den ständig auftauchenden Begierden zu unterwerfen.

Wir verlieren unsere Freiheit, wenn wir Dingen, die sich unserer Kontrolle entziehen, übermäßigen Wert beimessen. Wenn wir unseren Geisteszustand beherrschen, werden wir frei und lindern emotionales Leiden.

Die moderne Welt versklavt uns mit einer endlosen Liste von oberflächlichen Vergnügungen und trivialen Ablenkungen. Die Fähigkeit, strategisch und bewusst auf Vergnügen zu verzichten und ein gewisses Maß an Unbehagen zu tolerieren, gibt uns Freiheit. Wer weniger benötigt, ist unabhängiger.

Konzentration auf das Wesentliche

„Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“

Wenn du weißt, was du erreichen willst, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass du es auch erreichst. Ziele fokussieren den Geist und leiten das Handeln.

Die Stoiker legten großen Wert darauf, ihre Zeit Dingen und Zielen zu widmen, die zwei Bedingungen erfüllten:

  • Sie sind wichtig.
  • Wir können kontrollieren, ob wir sie erreichen.

Die Stoiker empfahlen uns, jeden Tag über unser Handeln nachzudenken und zu prüfen, ob wir diesem Schnittpunkt (siehe Abbildung) genügend Zeit und Aufmerksamkeit widmen.

4. Wie verhält sich ein Stoiker?

„Das höchste Gut ist die Harmonie der Seele mit sich selbst.“

Wie wir gesehen haben, hat der Stoiker eine objektive Sicht von sich und der Welt. Er denkt und handelt rational. Ein Stoiker weiß, was er kontrollieren kann und was nicht.

Ein Stoiker empfindet Emotionen wie jeder andere Mensch auch, aber er ist in der Lage, seine Gefühle zu kontrollieren und sich nicht von ihnen mitreißen zu lassen.

Es ist wichtig, auf Details zu achten, sich aber nicht von Kleinigkeiten ablenken zu lassen. Ein Stoiker lernt aus der Vergangenheit und bedenkt die Auswirkungen seines Handelns auf die Zukunft. Er hängt jedoch nicht an negativen Gefühlen (die durch vergangene Erfahrungen hervorgerufen wurden) oder hat Angst vor dem, was noch kommen wird.

Sie betrachtet die äußeren Umstände mit Gleichmut, versteht aber, dass bestimmte Konstellationen zu bevorzugen sind, und bemüht sich, diese zu erreichen. Sie arbeitet hart, um diese Ziele zu erreichen, ist sich aber bewusst, dass das Ergebnis nicht immer in ihrer Hand liegt.

Seneca

Ein Stoiker handelt nicht für Geld oder Ruhm, aber seine Klarheit und Disziplin erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass er am Ende beides bekommt. Wenn du zu ihr kommst, weist sie dich nicht zurück, aber sie klammert sich auch nicht an dir und deiner Meinung über sie fest.

Ihr Gemütszustand ändert sich nicht, wenn das Schicksal ihr nimmt, was es ihr zuvor gegeben hat. Sie genießt die schönen Dinge des Lebens, ohne sich von ihnen versklaven zu lassen.

Sie nimmt am gesellschaftlichen Leben teil, wahrt aber eine gewisse Distanz zu unwichtigen Ereignissen. Er schätzt die Gesellschaft anderer, ist aber auch gerne allein.

Ein Stoiker bleibt trotz aller Widrigkeiten gelassen, denn er weiß, dass Geist und Körper Herausforderungen benötigen, um stark zu bleiben oder zu werden. Jede Schwierigkeit im Leben ist eine Chance, mehr über sich selbst zu lernen und sich zu verbessern.

Es gibt nicht „die Stoiker“

„Es ist notwendig, ein Ideal zu haben, das unser Denken und Handeln leitet, so wie sich die Seeleute von den Sternbildern leiten lassen.“

Wenn du glaubst, dass alles, was du bisher gelesen hast, Fiktion ist, dann hast du recht. Der perfekte Stoiker ist ein Ideal, keine Realität. Er ist ein Maßstab, an dem man sich orientieren kann.

Die stoischen Gelehrten nannten dieses Ideal sophia, was mit Weisheit oder Wissen übersetzt werden kann; philos wiederum bedeutet Freund. Diejenigen, die dieses Ideal verfolgten, waren also die Philosophen, sozusagen die Liebhaber der Weisheit.

In schwierigen Zeiten kamen die Stoiker auf dieses idealisierte Bild zurück und fragten sich, was ein weiser Mensch in ihrer Situation tun würde.

Wir werden vielleicht nie perfekte Stoiker sein, aber allein der Versuch, dem Ideal so nahe wie möglich zu kommen, macht uns zu besseren Versionen unserer selbst.

Die Unmöglichkeit, Perfektion zu erreichen, sollte uns nicht frustrieren, sondern uns vielmehr von dem Druck befreien, immer alles richtig machen zu müssen. Wir dürfen Fehler machen, sollten aber in der Lage sein, daraus zu lernen und es in Zukunft besser zu machen.

Fortschritt ist das Ziel und nicht Perfektion. 

5. Stoische Werkzeuge

„Ärzte halten ihre Skalpelle und andere Instrumente für Notfälle bereit. Halte auch deine Philosophie bereit.“ – Marcus Aurelius

Der Stoizismus ist eine Philosophie für sich, aber wir können ihn auch als eine Kiste mit mentalen Werkzeugen betrachten. In dieser Kiste befinden sich sowohl vorbeugende als auch korrigierende Werkzeuge.

Je mehr Werkzeuge du hast und je besser du sie beherrschst, desto mehr Kontrolle hast du über deine Gedanken und deine Psyche.

Der Stoizismus ist wie eine Kiste mit mentalen Werkzeugen // Foto: Voxogos

Es ist kein Zufall, dass die stoischen Praktiken Vorläufer vieler heutiger kognitiver Verhaltenstherapien sind.

Exemplarisch seien die folgenden drei Werkzeuge genannt:

  • Kognitive Distanzierung und der Blick von oben
  • Praktiken des freiwilligen Unbehagens
  • Dankbarkeit

Im Buch Invicto werden diese und viele andere Werkzeuge, die das Leben verbessern können, ausführlich beschrieben.

6. Berühmte Stoiker

Neben Zenon, dem Begründer der stoischen Philosophie, sind Seneca, Epiktet und der römische Kaiser Marcus Aurelius die bekanntesten Stoiker. 

Der Begünder des Stoizismus: Zenon von Kition (Quelle: Wikimedia)

Es gibt viele andere wichtige, aber weniger bekannte Persönlichkeiten der stoischen Philosophie. Ihre Ideen sind zum Teil nur in kleinen Fragmenten oder durch Hinweise anderer Philosophen überliefert.

Eine kurze Zusammenfassung:

  1. Zenon von Kition: Begründer der stoischen Philosophie.
  2. Cleanthes oder Kleanthes: Ein Boxer, der sich erst im fortgeschrittenen Alter von 50 Jahren der Philosophie widmete, dann aber so viel Tugend bewies, dass Zenon ihn zu seinem Nachfolger ernannte.
  3. Chrysippos von Soloi: Ein Langstreckenläufer, der bei Cleanthes in die Lehre ging, war der dritte große Wegbereiter  des Stoizismus.
  4. Panaitios von Rhodos: Er war maßgeblich daran beteiligt, den Stoizismus von Griechenland nach Rom zu bringen.
  5. Poseidonius: Schüler des Panaitios und einer der führenden Universalgelehrten seiner Zeit. Er zeichnete sich in vielen Bereichen aus und modifizierte einige Prinzipien der klassischen Stoa.
  6. Seneca: Vielleicht der berühmteste Stoiker und einer der reichsten und mächtigsten Männer seiner Zeit. 
  7. Gaius Musonius Rufus: Einer der angesehensten Stoiker seiner Zeit. Er wird auch „der römische Sokrates“ genannt.
  8. Epiktet: Ursprünglich ein Sklave, der bei Musonius Rufus studierte. Dank seiner Hartnäckigkeit leitete er später seine eigene philosophische Schule.
  9. Marcus Aurelius: Zu seiner Zeit wohl der weltweit mächtigste Mann und von vielen als der beste römische Kaiser angesehen.

Über die „offizielle“ Liste hinaus können viele historische Persönlichkeiten als Anhänger des Stoizismus betrachtet werden. Viele von ihnen führen einen Teil ihrer großen Leistungen auf die Kraft der stoischen Philosophie zurück.

7. Gute Bücher zum Thema

„Nirgendwo werden wir einen friedlicheren Rückzugsort finden als in unserem eigenen Kopf.“

Titelbild von Gerd Altmann

Bild einer Stoa: Wikimedia / Adam Carr

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