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Was ist Krafttraining und wie fange ich damit an?

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Be Strong to be Useful

Bis vor ein paar Jahrzehnten führte das Krafttraining ein Schattendasein.

Alles drehte sich um Ausdauer- oder Aerobic-Training. Der einzige Muskel, für den man sich interessierte, war das Herz. 

Erst als immer neue Studien die enormen Vorteile des Krafttrainings zeigten, begannen sich die Empfehlungen langsam zu ändern.

Heutzutage beinhalten fast alle Richtlinien und Empfehlungen für körperliche Aktivität mindestens zwei Krafttrainingseinheiten pro Woche.

Die meisten Menschen wissen jedoch nicht, wo und wie sie mit dem Krafttraining anfangen sollen. Dieser Artikel möchte diese Lücke schließen und die Grundlagen für einen guten Einstieg schaffen. 

Aber zuerst … Was ist Krafttraining überhaupt?

Alle körperlichen Fähigkeiten sind wichtig, aber Kraft ist die Grundlage von allem.

Jede Bewegung erfordert zumindest ein Minimum an Kraft.

Leistung ist Stärke x Geschwindigkeit. Das Gleichgewicht oder die Stabilität erfordern die Anwendung von Kraft, um die Schwerkraft zu überwinden.

Wie lässt sich Krafttraining beschreiben? Wir verstehen darunter Anstrengungen der Muskeln, die du nur für eine kurze Zeit aushalten kannst. 

Es handelt sich also um ein anaerobes Training. Verbraucht werden hauptsächlich Kreatinphosphat und Glykogen.

Ziel des Krafttrainings ist die Steigerung von Kraft und der Aufbau von Muskelmasse.

Die Vorteile des Krafttrainings

In früheren Zeiten machte uns die raue Umgebung stark. Entweder warst du stark oder du musstest sterben. 

Starke Männer hatten in den Jäger- und Sammlergesellschaften ein hohes Ansehen und waren bessere Jäger (Studie). 

In der heutigen Welt verlassen wir uns in der Regel nicht mehr auf unsere Kraft, um Nahrung zu beschaffen oder die Familie zu beschützen. Wir bemessen der Kraft keine Bedeutung mehr bei. 

Unsere Genetik hat sich jedoch nicht dadurch verändert, dass wir Bürojobs erfunden haben und mittlerweile sehr viel Zeit im Sitzen verbringen. Unser Körper hat sich über Millionen von Jahren in einer Umgebung entwickelt, in der er stark sein musste. 

Kraft und Stärke waren nicht den Männern vorbehalten. Die Arme prähistorischer Frauen waren stärker als die der heutigen Elite-Ruderer (mehr Details).

Welche gesundheitlichen Vorteile hat Krafttraining für uns? 

Krafttraining verlängert das Leben (Meta-Analyse I, Meta-Analyse II) und steigert unsere Lebensqualität (mehr Details, Untersuchung).

Krafttraining beugt Osteoporose und Sarkopenie (mehr Details) vor.

Der Aufbau von Muskelmasse hilft dir, leichter abzunehmen und den Jo-Jo-Effekt zu minimieren.

Um besser auszusehen, ist es wichtiger, das Verhältnis der Muskeln zum Körperfett zu ändern, als Körpergewicht zu verlieren. Deswegen sollten wir den Fokus auf das Krafttraining legen. 

Wenn du andere Sportarten ausübst, wird zusätzliches Krafttraining dein Verletzungsrisiko verringern (Meta-Analyse).

Während des Krafttrainings nehmen die Muskeln Glukose aus dem Blutkreislauf auf, was deinen Stoffwechsel verbessert (Meta-Analyse).

Krafttraining mit vollem Bewegungsumfang verbessert deine Beweglichkeit genauso gut wie das klassische Dehnen (Meta-Analyse).

STARKER GEIST

Neben den körperlichen Vorteilen bringt Krafttraining eine Vielzahl psychologischer Vorteile mit sich.

So reduziert es unter anderem die Symptome von Depressionen und Angstzuständen (Meta-Analyse I, Meta-Analyse II).

Krafttraining steigert auch das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl (mehr Details).

Unser Gehirn reagiert auf unsere physische Präsenz. Ein starker Körper verbessert die Wahrnehmung, die wir von uns selbst haben und auch, wie andere Menschen uns wahrnehmen (Studie).

Wie man mit dem Krafttraining beginnen sollte (und wie man Fortschritte macht)

Bevor du Gewichte stemmst, solltest du erst mal mittels Calisthenics (= Übungen mit dem eigenen Körpergewicht) lernen, deinen eigenen Körper zu kontrollieren. 

Der Begriff Calisthenics kombiniert zwei griechische Wörter: kalos (= schön / gut) und sthenos (= Kraft / Stärke).

Kniebeugen, Liegestütze, Ausfallschritte, Unterarmstütz bzw. Plank(e) und Klimmzügen sind ausgezeichnete Übungen zum Einstieg in das Krafttraining. Auch Widerstandsbänder sind perfekte Begleiter auf deinem Weg zu mehr Kraft und Stärke. 

Später kannst du dann folgende Gewichte hinzufügen:

  • Kettlebells: Sie verbessern nicht nur deine Kraft, sondern auch deine aerobe Kapazität. Mit ihnen kannst du mit geringem Zeitaufwand deinen ganzen Körper trainieren. 
  • Kurzhanteln: Sie eignen sich sowohl für klassische Übungen (Kniebeugen, Ausfallschritte …) als auch für Isolationsübungen. Das einzige Problem besteht darin, dass du viele Hanteln mit unterschiedlichen Gewichten benötigst (eine gute Option könnte dieses verstellbare Hantel-Set sein).  
  • Langhantel: Es ist das ideale Gerät, um auf ausgewogene Weise an der Steigerung deiner Maximalkraft zu arbeiten. 

Egal, welche Ausrüstung du verwendest: Das wichtigste Konzept, um konstant Muskeln aufzubauen und deine Kraft zu steigern, ist die progressive Überlastung.

Progressive Belastungssteigerung

Paradoxerweise schwächt Krafttraining vorübergehend die Muskeln. Dabei werden deine Muskelfasern geschädigt, Glykogenspeicher aufgebraucht und dein Stoffwechsel reagiert gestresst.

Doch es sind genau diese Signale, die deinen Muskel dank der sogenannten Superkompensation später wachsen lassen. 

Das ist der Schlüssel für deinen Erfolg. Es geht bei der sogenannten progressiven Belastungssteigerung – eine der Grundsäulen des Trainings – darum, gezielte stärkere Reize zu setzen.

Das Gewicht zu steigern, ist nur eine Option. Auch eine zusätzliche Wiederholung mit dem gleichen Gewicht oder eine Vergrößerung des Bewegungsumfangs (= Range of Motion) bringen den gewünschten Effekt. 

Auch beim Training mit dem eigenen Körpergewicht (→ Calisthenics) kannst du zunehmend schwierigere Übungen bzw. Variationen derselben (z. B. Liegestütz-Progression bis zum einarmigen Liegestütz) einbauen. 

Eine weitere interessante Idee ist es, eine Gewichtsweste zu kaufen. Durch schrittweises Hinzufügen von Gewicht erreichst du ebenfalls eine progressive Überlastung.

Trainingsaufbau

Es gibt zwei Varianten, wie du das Krafttraining grundsätzlich strukturieren kannst: Ganzkörpertraining und Split-Training.

GanzkörperTraining bzw. Full Body Workouts

Im Ganzkörpertraining trainierst du in jeder Übungseinheit alle Hauptmuskelgruppen.

Diese Routinen sind ideal für Einsteiger, für Menschen mit wenig Zeit oder für Sportler aus anderen Disziplinen, die mit geringem wöchentlichem Trainingsaufwand eine solide Kraftbasis erreichen wollen (mehr Details).

Wenn du in der Woche nur zwei- oder dreimal zum Krafttraining kommst, solltest du stets den ganzen Körper trainieren. Deine Trainingswoche könnte dann so aussehen: 

Mo

Full Body

Di

Pause

Mi

Full Body

Do

Pause

Fr

Full Body

Sa

Pause

So

Pause

Split-training

Beim Split-Training wird der Körper in zwei oder mehr Zonen aufgeteilt. In jedem Training konzentrierst du dich dann auf eine dieser Zonen.  

Die klassischen 2er-Splits sind Oberkörper / Beine und auch Push / Pull. Daneben gibt es aber noch viele weitere Optionen, zum Beispiel 3er-Splits mit Brust+Trizeps / Rücken+Bizeps / Beine oder seltener auch 4er/5er oder 6er-Splits. 

Mo

Oberkörper

Mo

Push

Di

Beine

Di

Pull 

Mi

Pause

Mi

Pause

Do

Oberkörper 

Do

Push

Fr

Beine

Fr

Pull 

Sa

Pause

Sa

Pause

So

Pause

So

Pause

Das Split-Training kann interessant sein, wenn du …: 

  • bereits ein gewisses Niveau erreichst hast und ein höheres Trainingsvolumen benötigst, um deine Ziele zu erreichen (Studie).
  • … noch Anfänger bist, aber mehrere Tage hintereinander trainieren möchtest. Indem du dich auf jeweils einen Bereich konzentrierst, können sich die anderen Muskelgruppen ausruhen. Du solltest aber immer daran denken, dass die Superkompensation während der Ruhezeit eintritt.

Häufig gestellte Fragen zum Krafttraining

Trainiert man dasselbe, um Kraft aufzubauen wie um Muskeln aufzubauen (Hypertrophie)?

Generell gilt: Mehr Muskeln bedeuten mehr Kraft. Um stärker zu werden, braucht es also mehr Muskeln.

Aber Kraft hat auch eine neuronale Komponente. Zwei Personen können die gleiche Muskelmasse haben, aber wenn einer sie besser aktivieren kann, hat sie oder er in diesem Moment mehr Kraft.

Obwohl wir mit unterschiedlichen Gewichten und Wiederholungszahlen an Kraft zulegen können, ist es effizienter, Kraft mit hohem Gewicht (>80 % von 1RM; 1RM steht für One-Repetition-Maximum, also dem Gewicht, welches du genau einmal stemmen kannst) und niedrigen Wiederholungszahlen (<6) zu trainieren.

Um Muskelmasse aufzubauen, hast du mehr Flexibilität. Solange du dich in jedem Satz dem Muskelversagen näherst (ohne dorthin zu kommen), gibt es kaum einen Unterschied zwischen der Verwendung von niedrigem Gewicht (40–50 % von 1RM) und vielen Wiederholungen (> 10 -12) und der Variante mit hohem Gewicht und geringen Wiederholungszahlen.

Auf jeden Fall wäre es logisch, bei den Grundübungen (z. B. Kniebeugen mit Gewicht, Bankdrücken, Schulterdrücken, Kreuzheben …) mit höherem Gewicht und weniger Wiederholungen zu operieren und bei Isolationsübungen (Bizeps Curls, Trizepsdrücken, Elevations …) das Gegenteil zu machen. 

Sollte man bis zum Muskelversagen trainieren?

In der Regel nein. Ständig im Training bis zum Muskelversagen zu gehen, erhöht das Verletzungsrisiko und erschwert die Erholung.

Aber du solltest dich bei jedem Trainingssatz anstrengen und mindestens zur Schwierigkeitsstufe 8 (auf einer Skala von 1 = sehr einfach bis 10 = sehr schwer) gehen. 

Die Bewertung der persönlich wahrgenommenen Anstrengung (wird auch RPE genannt → Rating of Perceived Exertion) ist der Gegenspieler der sogenannten Wiederholungen in Reserve (auch RIR genannt → Reps in Reserve), also den Wiederholungen, die du noch schaffst. Mit anderen Worten:  Wenn deine wahrgenommene Anstrengung bei 8 liegt, bedeutet dies, dass du noch ein paar Wiederholungen im Tank hast. Dieses Level der Anstrengung (oder noch etwas mehr) ist ideal, um Fortschritte zu erzielen, ohne gleichzeitig (zu) müde zu werden.

Das soll nicht heißen, dass man bei bestimmten Übungen nicht manchmal auch bis zum Muskelversagen gehen kann. Nur sollte man das Muskelversagen nicht generell anstreben. Es geht um Stimulation, nicht um Zerstörung. 

Ist Krafttraining gefährlich?

Nein. Auf jeden Fall ist Krafttraining nicht gefährlicher als andere Sportarten wie beispielsweise Fußball, Basketball oder Leichtathletik.

Es ist viel gefährlicher, schwach zu sein als mit Gewichten zu trainieren.  

Bei vielen Menschen verbessern sich Rückenschmerzen und andere Beschwerden, wenn sie mit dem Krafttraining (Studie I, Studie II) beginnen.

Dürfen Kinder und Jugendliche Krafttraining machen?

Sie dürfen es nicht nur, sondern es ist sogar erstrebenswert, dass sie es tun. Die frühe Einbeziehung von Krafttraining im Leben verbessert die Muskel- und Knochenentwicklung. Die positiven Effekte können ein Leben lang anhalten (Untersuchung).

Der (sich hartnäckig haltende) Glaube, dass Krafttraining das Wachstum beeinträchtigt oder man damit bis zur Pubertät warten sollte, ist wissenschaftlich widerlegt, wie diese Untersuchung zusammenfasst. 

Allerdings ist es vor dem Einsetzen der Pubertät empfehlenswert, sich zunächst auf das Training mit dem eigenen Körpergewicht zu konzentrieren. 

Beeinflusst Ausdauertraining Kraft- und Muskelzuwächse?

Das gleichzeitige Training bezieht sich auf die Durchführung von Kraft- und Ausdauereinheiten. 

Mehrere Studien kommen zu dem Schluss, dass zu viele Cardioeinheiten den Muskel- und Kraftzuwachs einschränken (Meta-Analyse).

Um jedoch einen wirklich signifikant negativen Effekt auszulösen, müsste man schon sehr viel (mehr als 4–5 intensive Einheiten pro Woche) Ausdauertraining machen. Die Trennung der Cardio- von den Krafttrainings mildert den negativen Effekt zusätzlich (mehr Details). 

Tatsächlich kann dir die Integration von Cardiotraining sogar helfen, Muskelmasse aufzubauen: Du beanspruchst das anaerobe System, um Gewichte zu heben, aber das aerobe System, um dich zu erholen.

Das aerobe System produziert die Energie, die zum Auffüllen der Phosphokreatin- und Glykogenspeicher sowie zur Metabolisierung von Lactat benötigt wird.

Ein besserer aerober Motor macht dein Krafttraining effektiver (Studie).

Des Weiteren optimiert die Kombination von Cardio- und Krafttraining deinen Fettabbau. 

Gibt es fortgeschrittene Techniken, um noch mehr Muskeln aufzubauen?

Vielleicht hast du schon von Techniken wie Rest-Pause-Training, Supersätzen, Reduktionssätze usw. gehört.

Obwohl sie viele Experten als effektivere Methoden zum Aufbau von Kraft und Muskelmasse verkaufen, liefern sie dir in Wirklichkeit keine besseren Ergebnisse als der bereits beschriebene klassische Trainingsaufbau. 

Durch die erhöhte Trainingsdichte können sie dir jedoch helfen, die gleichen Ergebnisse in kürzerer Zeit zu erzielen. 

Was ist, wenn ich nur wenig Zeit habe?

Du brauchst nicht viel Zeit, um deine Kraft zu verbessern und Muskeln aufzubauen.

Bereits eine wöchentliche Trainingszeit von 40 bis 60 Minuten reduziert die Sterblichkeit um fast 20 Prozent (mehr Details). 

Wenn du wenig Zeit hast, schlägt diese Untersuchung die folgende Vorgehensweise vor:

  • Trainiere pro Muskelgruppe mindestens vier Sätze pro Woche.
  • Trainiere in einem Bereich von 6 und 15 Wiederholungen und stelle sicher, dass die letzten Wiederholungen sehr anstrengend sind. 
  • Konzentriere dich auf Kombinations- bzw. Mehrgelenksübungen (z. B. Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken …).
  • Verwende Strategien wie Supersets, Dropsets oder Rest-Pause.
  • Vermeide ein langes Warm-up. 5 Minuten reichen (mehr Details).

Titelbild: von Sven Mieke 

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