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Sieben Strategien, um deinen Willen zu stärken

Um deine Gesundheit zu verbessern, brauchst du nicht nur Wissen, sondern auch Strategien, um deinen Willen zu stärken. Genau um dieses Thema geht es im heutigen Artikel. 

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„Andere zu beherrschen, erfordert Kraft. Sich selbst zu beherrschen, fordert Stärke.“

Die Qualität deines Lebens hängt weitgehend von der Qualität deiner Entscheidungen ab. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit sind unsere Entscheidungen die Hauptursache für die Sterblichkeit (Studie). Das klingt nicht unbedingt nach einer intelligenten Spezies. Wir schicken Roboter zum Mars, aber werden von einem Schokoladenkuchen besiegt.

Wer gewinnt?

Im Folgenden erfährst du, warum unsere Gefühle uns oft zu schlechten Entscheidungen verleiten und was wir machen können, um Versuchungen zu vermeiden.

Zwei Gehirne

Unser Gehirn ist, wie der Rest des Körpers, das Ergebnis eines langen Evolutionsprozesses. Vereinfacht könnte man sagen, dass diese Entwicklung zu zwei miteinander verbundenen, aber auch getrennten Gehirnen geführt hat.

Zuerst entwickelte sich das sogenannte Säugetiergehirn oder limbische System. Hier haben viele Emotionen und Instinkte ihren Ursprung, die wir mit anderen Tieren teilen. Emotionen sind eine Art rudimentäres Betriebssystem, das uns in der Wildnis hilft und zu vernünftigen Entscheidungen führt. Wir spüren den Drang zu essen, uns fortzupflanzen und unsere Nachkommen zu schützen. 

Später entwickelte sich der rationale Teil des Gehirns, der sich primär im präfrontalen Kortex konzentriert. Dieser Teil unterscheidet uns von dem Rest des Tierreichs und ermöglicht uns, für die Zukunft zu planen und unsere Impulse zu kontrollieren

Eine Analogie, um die beiden unterschiedlichen Gehirnareale miteinander zu vergleichen, ist die eines Reiters (präfrontaler Kortex), der auf einem Elefanten (limbisches System) sitzt: 

  • Der Elefant ist stark und urwüchsig, aber gleichzeitig auch impulsiv und irrational. Er sucht stets die sofortige Befriedigung. Er möchte sich vergnügen und flieht vor jeder Andeutung von Anstrengung oder Entbehrung. Der Elefant interessiert sich nur für das Hier und Jetzt.
  • Der Reiter hingegen ist nüchtern und berechnend. Er denkt langfristig und kann jeden Schritt planen, benötigt aber mehr Zeit, um zu handeln.
Verschiedene Gehirnareale erfüllen unterschiedliche Funktionen und konkurrieren miteinander, um zu entscheiden, wie es weitergehen soll. Der eine Bereich ist eher impulsiv und emotional (Elefant), der andere eher reflektierend und rational (Reiter).

Der Elefant und der Reiter sind keine Feinde, aber sie müssen im Gleichgewicht miteinander leben. Der Elefant ist Spezialist für schnelle Entscheidungen in Extremsituationen, in denen keine Zeit bleibt, rational abzuwägen. Wenn wir darauf warten müssten, dass unser Reiter bei einem verdächtigen Geräusch im Unterholz die Flucht ergreift, wäre die Menschheit längst ausgestorben.

In der komplexen modernen Welt haben viele Entscheidungen, die auf unseren Gefühlen basieren, katastrophale Folgen. Ständig sind wir von Reizen umgeben, die an unsere tierischen Instinkte appellieren. Geben wir ihnen zu oft nach, entfernen wir uns von unseren langfristigen Zielen. 

Wenn es dir gelingt, deinen Reiter zu stärken und deinen Elefanten zu beruhigen, erreichst du das Folgende:

  1. Du tust das, was du tun musst, auch wenn du dich nicht danach fühlst.
  2. Du hörst auf, das zu tun, worauf du Lust hast, sondern tust das, was dir guttut. 

Marshmallows und Abzinsung

In der Finanzwelt ermöglicht es der Abzinsungssatz, den Gegenwartswert einer zukünftigen Zahlung zu schätzen. Stell dir vor, jemand bietet dir in einem Jahr 1.000 € oder einen niedrigeren Betrag sofort. Wie viel würdest du jetzt annehmen, um auf die zukünftigen 1.000 € zu verzichten?

Wenn deine Antwort 990 € (oder noch mehr) ist, hast du einen niedrigen persönlichen Abzinsungssatz. Du priorisierst größere Belohnungen, auch wenn sie noch weit entfernt sein mögen (dein Reiter hat die Kontrolle über die Situation). Wenn du dagegen 1.000 € in einem Jahr für 50 € sofort aufgibst, ist dein Abzinsungssatz extrem hoch (dein Elefant ist sehr mächtig).

Dieses Konzept lässt sich auf viele Verhaltensweisen anwenden, da unser Gehirn ständig ähnliche Berechnungen durchführt, um Entscheidungen zu treffen.

Ein berühmtes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der sogenannte Marshmallow-Test. In diesem Experiment wurden Kinder mit einer Süßigkeit allein in einem Raum gelassen und vor die Wahl gestellt, sie sofort zu essen oder ein paar Minuten zu warten, bis die Aufsichtsperson zurückkommt. Wenn sie es schaffen zu warten, bekommen sie eine zweite Süßigkeit.  

Dieses Experiment verdeutlicht den Kampf zwischen dem Reiter (Warte ein paar Minuten und du bekommst den doppelten Gewinn) und dem Elefanten (Es sieht so lecker aus. Stecke es dir jetzt in den Mund).

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Die ursprüngliche Version des Experiments wurde in den 1970er-Jahren durchgeführt. Nach dem Test wurden die teilnehmenden Kinder in den folgenden Jahrzehnten weiter begleitet und ihr Werdegang verfolgt. Die Resultate des frühen Tests hatten eine starke Vorhersagekraft zur späteren Entwicklung der Kinder. So waren Kinder mit niedrigeren Abzinsungsraten (zwei Süßigkeiten als Belohnung für das Warten) in verschiedenen Bereichen des Lebens erfolgreicher (Review) und litten seltener an Fettleibigkeit (Studie).

Andere Studien bestätigten die Ergebnisse: Menschen mit hohen Abzinsungsraten haben im Allgemeinen schlechtere Gewohnheiten und sind ungesünder (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV).

Nachfolgend sehen wir uns nun einige Strategien an, die dir helfen, deine Selbstbeherrschung zu verbessern.

1. Lege dein Ziel fest

Wenn dein Reiter sich auf nichts fokussiert, wird dein Elefant von allem abgelenkt sein. Du bist dann wie ein Schiff, das auf dem Meer treibt. Ob du dein Ziel erreichst, hängt nur vom Zufall ab. 

"Wenn man nicht weiß, welchen Hafen man ansteuert, ist kein Wind günstig." Seneca

Oft ist der Widerstand deines Elefanten in Wahrheit ein Mangel an Klarheit und Richtung. Wenn der Reiter nicht weiß, wohin er eigentlich will, ist es wahrscheinlicher, dass er sich ablenken lässt.

Die meisten Menschen handeln einen Großteil ihres Lebens impulsiv. Sie ahmen andere nach und treffen Entscheidungen einzig auf der Grundlage ihres emotionalen Zustands. Sie handeln so, wie sie sich im Moment fühlen. 

Wenn du hingegen klare Ziele festgelegt hast, kannst du dich von deinem Ziel leiten lassen, statt deinen Begierden zu gehorchen. Du triffst Entscheidungen auf Grundlage deines langfristigen Ziels, unabhängig von deinem momentanen Gemütszustand. Motivation stärkt deinen Reiter. 

Der nächste Schritt ist, deine Ziele aufzuschreiben. Wie Stephen King sagte: „Ich schreibe, damit ich weiß, was ich denke“. Wenn wir unsere Ziele zu Papier bringen, werden sie klarer und realer, was unser Engagement erhöht. In dieser Studie konnten diejenigen, die ihre Ziele aufgeschrieben hatten, sie in größerem Maße erreichen als Teilnehmer, die sie nur im Kopf formuliert hatten.

Wenn du deine Ziele aufschreibst, ist es wahrscheinlicher, dass du sie erreichst.

2. Definiere tägliche Aktionen und ziehe sie durch

Ein Ziel ohne Plan ist nichts weiter als ein Wunsch. Ziele legen zwar den Bestimmungsort fest, weisen aber nicht unbedingt den Weg. Nachdem du zum Beispiel beschlossen hast, „vor dem Sommer 10 kg abzunehmen“, solltest du wissen, welche täglichen Aktionen es nun braucht. Schließlich sind es die Taten, die zählen und nicht die Träume.

Wenn der Reiter nicht weiß, was er konkret machen soll, ist die Versuchung groß, den Elefanten entscheiden zu lassen. Und du weißt bereits, wohin das führen wird: „Gönn dir den Donut sofort!“, oder „Warum sollten wir laufen gehen, wenn uns niemand verfolgt?“.

Wenn du einen Ernährungs- oder einen Trainingsplan hast, an den du dich halten kannst, ist es viel einfacher, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wenn der Reiter Klarheit hat, leistet der Elefant weniger Widerstand.

Es geht hierbei nicht darum, Sklave eines starren Plans zu sein. Gelegentlich ist es erlaubt, von deinen Vorgaben abzuweichen, ohne dich gleich schuldig zu fühlen. Es ist immer besser, einen unvollkommenen als gar keinen Plan zu haben. 

Zusätzlich zu deinen Zielen und Aktivitäten solltest du idealerweise auch visuelle Fortschrittsindikatoren festlegen. Wenn du siehst, wie du dich deinem Ziel näherst, erhöht sich die Motivation und es wird leichter dranzubleiben. In der bereits genannten Studie erzielten diejenigen, die – zusätzlich zu den schriftlichen festgelegten Zielen – eine Art Fortschrittstagebuch führten, die besten Ergebnisse.

Kennzahlen und deren häufige Kontrolle steigern die Wahrscheinlichkeit, dein Ziel zu erreichen

3. Sei Aufmerksam

Der erste Schritt zur Lösung eines Problems ist, sich seiner Existenz bewusst zu sein. Und für die meisten Menschen ist es kein relevantes oder bewusstes Problem, dass ihr Elefant so viel Kontrolle über sie hat. 

Sie gehen in den Supermarkt und kaufen statt der unverarbeiteten Lebensmittel die Produkte, mit denen sie aufgewachsen und vertraut sind: Kellogg’s, Nutella, Toast …

Fangen sie aber an, die Liste der Inhaltsstoffe zu lesen und sich über die enorme Menge an Zucker und künstlichen Zusätzen bewusst zu werden, haben sie die Chance, ihre Entscheidungen zu überdenken. 

Der Reiter ist jetzt hellwach. Wenn der Elefant dann mit den üblichen Versprechungen kommt, entsteht ein Konflikt, der als innere Bedrohung wahrgenommen wird. Im Gegensatz zu extremen Situationen, die eine „Kampf- oder Flucht“-Reaktion zur Folge haben, sollte die Antwort auf einen internen Konflikt zu reagieren (der Reiter stellt sich gegen den Elefant) das auslösen, was Experten „Innehalten und Planen“ nennen (mehr Details).

Lege eine gezielte Pause ein

Das Ziel ist, einen Raum zwischen der Versuchung und der Reaktion zu schaffen. Dadurch kann der präfrontale Kortex aktiviert werden und die Fähigkeit zur Selbstregulierung verbessert sich.

Du kannst diesen Zusammenhang für dich nutzen, indem du künftig eine gezielte Pause einbaust, bevor du einer Versuchung nachgibst. Hierfür zwei Beispiele: 

  • Wenn du ein Verlangen spürst, warte zehn Minuten, bevor du ihm nachgibst. Beschäftige deinen Geist in der Zwischenzeit anderweitig und gib ihm zu tun. In vielen Fällen lässt das Verlangen bereits nach ein paar Minuten nach. 
  • Wenn du anfällig dafür bist, zu viel auf Amazon einzukaufen, kannst du das Objekt deiner Begierde erst mal in deinen Einkaufswagen ablegen und dir in deinem Kalender in zwei Tagen eine Erinnerung abspeichern. Nach Ablauf der Frist ist es dann erlaubt, das Produkt zu kaufen, wenn du es wirklich für notwendig erachtest. Nicht selten wirst du allerdings merken, dass sich dein Verlangen erledigt hat. 

Natürlich funktioniert diese Strategie nicht immer, aber es ist wahrscheinlicher, dass du das Richtige tust, wenn du ein paar Sekunden oder Minuten über einen Prozess nachdenkst, der bei den meisten Menschen völlig unbewusst abläuft.

4. Vereinfache den ersten Schritt

Ein Trick, den der Elefant anwendet, um dich zu manipulieren, besteht darin, gedanklich den Schmerz zu verstärken, den eine gesunde Aktion zur Folge hat. Er flüstert dir dann zum Beispiel zu: „Willst du jetzt wirklich trainieren und schwitzen? Es ist doch gerade so bequem auf der Couch und auf deinem Handy gibt es sicher viele interessante News:“ 

Um diese Manipulation zu kontern, kannst du die entgegengesetzte Strategie anwenden und den ersten Schritt möglichst angenehm und klein machen. 

Wenn es dir zum Beispiel schwerfällt, Sport zu machen, verpflichte dich nur zu 5 Minuten. Wenn du die Hürde so niedrig legst, beruhigt sich dein Elefant und verringert seinen Widerstand. Einerseits ist es viel besser, fünf Minuten als gar nicht zu trainieren. Andererseits wirst du oft das Gefühl haben, dass es gar nicht so schwer ist, nach den fünf Minuten noch weiterzumachen.

Das ist das berühmte erste Newtonsche Gesetz, angewandt auf das menschliche Verhalten: Objekte in Ruhe neigen dazu, in Ruhe zu bleiben, aber wenn du eine kleine anfängliche Aktion erzeugst, bleibt auch die Bewegung leichter erhalten. Außerdem steigert Bewegung die Motivation. Wenn wir eine Aktivität beginnen, verspüren wir ein gewisses Bedürfnis, sie auch zu Ende zu bringen.

Kleine Aktionen können große Kettenreaktionen auslösen

In diesem Sinne: Lege die kleinste Einheit fest, die dich auf die richtige Spur bringt und fange mit ihr an. Hierzu einige Ideen. Statt …: 

  • … zu versuchen, deine gesamte Ernährung umzustellen, konzentriere dich für eine Woche nur darauf, gesünder zu frühstücken. 
  • …  zu versuchen, alle Aspekte Schlafs zu optimieren, kannst du einfach eine Viertelstunde früher ins Bett gehen.
  • … dir lange Joggingeinheiten vorzunehmen, parkst du künftig immer etwas weiter weg und nimmst zusätzlich stets die Treppe.

In einem Satz: Denke groß, aber fange klein an.

5. Belohne dich

Das Erreichen eines komplexen Ziels benötigt Zeit, aber wenn du jede Art von Belohnung auf unbestimmte Zeit verschiebst, wird dein Elefant seinen Widerstand verstärken und das Durchhalten schwierig machen. Genauso wie es sinnvoll ist, den den ersten Schritt angenehm und einfach umsetzbar zu machen, solltest du auf dem Weg hin zu deinem Ziel auch kleine Belohnungen einbauen.

Es wird dir leichter fallen, den Elefanten zu zähmen, wenn du auf dem Weg kleine Belohnungen anbietest.

Eine Strategie hierfür ist das sog. Temptation Bundling, das auch wissenschaftlich validiert wurde (Studie). Die Umsetzung ist einfach:

  • Schritt 1: Erstelle zwei Listen. Auf die eine kommen die Dinge, die du tun musst (und welche du gerne aufschiebst). Auf die andere Liste kommen alle Dinge, die du gerne tust (die aber nicht unbedingt zur Erreichung deiner langfristigen Ziele beitragen).
  • Schritt 2: Erstelle nun jeweils ein Duo aus beiden Listen, bestehend aus einem To Do und einer Belohnung. 
  • Schritt 3: Wenn du erledigt hast, was du tun solltest, kannst das machen, was du möchtest. 

Wenn du etwas tust, das deine Zukunft verbessert, bekommst du sofort eine Belohnung. Auf diese Weise wird der Widerstand deines Elefanten verringert. Dazu einige Beispiele: 

  • Du schaust nur dann Netflix, wenn du parallel Mobilitätsübungen machst.
  • Du trinkst deinen Lieblingsshake oder -Smoothie nur an den Tagen, an denen du trainierst.
  • Du hörst deine Lieblingsmusik immer dann, wenn du einen Spaziergang machst. 
  • Du gönnst dir dein Lieblingsdessert, wenn du deinen Ernährungsplan fünf Tage am Stück eingehalten hast.

Natürlich gibt es für diese Vorgehensweise Einschränkungen, zum Beispiel wenn der Schaden in der Gegenwart den Nutzen in der Zukunft überwiegt. Mit ein bisschen Fantasie wirst du aber viele gute Kombinationen finden.

6. Denke an dein „zukünftiges Ich“

Wir verhalten uns schlechter, wenn andere Personen die Konsequenzen unseres Handelns tragen. Und merkwürdigerweise sehen wir auch unser zukünftiges Ich als eine andere Person.

In einer Studie wurde die Reaktion des Gehirns (in einem funktionellen Magnetresonanztomografen) von verschiedenen Probanden verglichen, wenn sie an sich selbst und an Dritte dachten. Wie man erwarten würde, gab es deutliche Unterschiede in der Gehirnaktivierung. Interessant wurde es, als man die Probanden bat, an sich selbst in zehn Jahren zu denken: Auf der Ebene des Gehirns war die Reaktion so, als würde man an eine andere Person denken.

Diese Abkopplung vom „zukünftigen Selbst“ erklärt zum Teil unsere schlechten Angewohnheiten. Homer Simpson fasst es so zusammen, als er sich betrinkt„Das ist das Problem des zukünftigen Homers, und ich beneide den Kerl nicht“.

Mehrere Studien belegen diesen Effekt. Wenn wir gefragt werden, wie viel Geld wir in einem Jahr sparen oder wie viel Zeit wir für die Ausbildung aufwenden werden, fällt die Antwort größer aus, als wenn wir die gleiche Frage in Bezug auf die Gegenwart stellen. Wir belasten unser zukünftiges Selbst also mit mehr Verantwortung, als wir momentan bereit sind zu übernehmen. 

Im Wissen um unsere Irrationalität kannst du verschiedene Strategien austesten, um die Verbindung zwischen deinem gegenwärtigen und zukünftigen Ich zu stärken. Wenn wir uns etwa unser zukünftiges Ich realistisch, aber positiv vorstellen, erhöht sich unsere Empathie ihm oder ihr gegenüber. Das führt dazu, dass sich unser Verhalten in der Gegenwart verbessert (Studie).

Um diese Visualisierung zu optimieren, wurden in einigen Studien Fotos der Teilnehmer/innen digital alt gemacht. Konfrontiert mit der Person, der sie mit ihrem gegenwärtigen Verhalten Schaden zufügen, sparten die Probanden mehr und nahmen gesündere Gewohnheiten an (Studie I, Studie II).

Um diese Technik für dich zu nutzen, kannst du Folgendes tun:

  1. Stelle dir vor, wie du in zehn oder zwanzig Jahren aussehen wirst. Das Denken an die Zukunft erhöht die Aktivierung des präfrontalen Kortex, stärkt deinen Reiter und verringert deinen Abzinsungssatz (Studie).
  2. Verwende eine App, wie z. B. Oldify, um zu simulieren, wie du im Alter aussehen wirst. Der Anblick deines Fotos löst eine emotionale Reaktion aus und holt den Elefanten mit ins Boot. Denke daran, dass er grundsätzlich von Emotionen angetrieben wird. Es ist eine vielversprechende Möglichkeit, ihn auf deine Seite zu bringen.
  3. Schreibe einen Brief an dein zukünftiges Ich, z. B. mit FutureMe, in dem du ihr/ihm alles sagst, was du heute tun wirst, um ihre / seine künftige Situation zu verbessern. Der einfache Akt, deine Selbstverpflichtungen aufzuschreiben, wird dein Verhalten (mehr Details) verbessern. Des Weiteren wirst du in ein paar Jahren verblüfft sein, eine E-Mail aus deiner Vergangenheit zu erhalten. Du simulierst gewissermaßen eine Zeitmaschine. 
Das nächste Training ist für dich Old Max 🙂

7. Unterdrücke Versuchungen nicht

Denke nicht an einen Schokokeks! Wenn du wie die meisten Menschen bist, hast du genau daran gerade gedacht. Paradoxerweise verstärkt der Versuch, einen Gedanken zu unterdrücken, diesen sogar noch (mehr Details, Studie I, Studie II). Wenn du wach bleiben willst, solltest du an Schlaf denken. 

In dieser Studie rauchten diejenigen, die versuchten, die Versuchung zu rauchen, zu unterdrücken, am Ende mehr als diejenigen, die ihren Wunsch nach einer Zigarette offen aussprachen (Studie). Für das Essen gibt es die gleichen Resultate (Studie I, Studie II).

Wenn dir also eine Versuchung in den Sinn kommt, solltest du nicht versuchen, sie zu unterdrücken. Besser ist, sie zu hinterfragen. Essen zum Beispiel benutzen wir oft als Selbstmedikation. Wir versuchen damit, eine Emotion zu bewältigen. Diesen Zusammenhang zu verstehen, ist der erste Schritt zur Verbesserung deiner Selbstregulierung. Wir sollten uns an dieser Stelle daran erinnern, dass ein Gedanke nicht unbedingt zu einer Handlung führen muss.

Andererseits deuten mehrere Studien darauf hin, dass durch einen alternativen Gedanken die Besessenheit von dem bisherigen abnimmt. Bei diesem Ansatz geht es darum, den Gedanken, den wir vermeiden wollen, durch einen weniger schädlichen zu ersetzen, anstatt zu versuchen, ihn zu unterdrücken.

Grundsätzlich gilt: Wenn du mehr an das Gute denkst, das du erreichen willst, denkst du automatisch weniger an das Schlechte, das du vermeiden willst. Dazu einige Beispiele:

  • Anstatt darüber nachzudenken, weniger hoch verarbeitete Lebensmittel zu essen, solltest du darüber nachdenken, mehr frisches Gemüse und Obst zu essen.
  • Anstatt darüber nachzudenken, weniger fernzusehen, kannst du über die Bücher nachdenken, die du gerne lesen würdest.
  • Wenn du in Versuchung gerätst, tu etwas, das dich ablenkt, z. B. Sport treiben oder spazieren gehen. In dem Marshmallow-Video versuchen mehrere Kinder verschiedene Ablenkungstechniken, um der Versuchung zu entgehen.

Zusammenfassung und nächste Schritte

Alles hat einen Preis. Du kannst heute den Preis der Disziplin zahlen oder dein zukünftiges Ich zahlt den Preis des Bedauerns. In der Regel ist der Letztere höher.

Obwohl die Willenskraft eine genetische (und epigenetische) Komponente hat, können wir sie mit den vorgestellten Strategien verbessern. Aber es gibt noch einen weiteren Faktor, der unsere Entscheidungen beeinflusst und auf den wir im nächsten Artikel eingehen werden: Dein Umfeld. 

Wenn du an dir arbeitest und die Strategien anwendest, wird es dir künftig leichter fallen, das Richtige zu tun, statt den vermeintlich einfachen Weg zu gehen. 

Titelfoto: Thao LEE

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