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„Ich bin ein Sportler!“ Verändere deine Identität, um deine Ziele zu erreichen

In diesem Artikel erfährst du mehr über den Zusammenhang zwischen deiner Identität und deinen Zielen und wie du dich langfristig motivieren kannst.

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Veränderungen sind nicht einfach. Wir alle wissen, dass wir uns gesünder ernähren und mehr bewegen sollten, aber wir tun es nicht. Über einen der Gründe haben wir bereits an anderer Stelle gesprochen: das Fehlen einer persönlichen Lebensphilosophie. Heute geht es um einen weiteren wichtigen Faktor. Wenn du dich so schwer veränderst, kann das auch daran liegen, dass deine Identität nicht mit deinen Zielen übereinstimmt.

Deine Handlungen spiegeln die Art von Person wider, für die du dich hältst. Dein Verhalten wird also stark von deiner Identität beeinflusst (Studie). Deine Identität wiederum ist eng mit den Dingen verbunden, die deinem Leben einen Sinn geben.

Die meisten Menschen setzen sich Ziele in Bezug auf ihr Aussehen („Ich will 10 kg abnehmen“) oder ihre Leistung („Ich will 100 kg Bankdrücken schaffen“). Beide Ziele sind legitim, führen aber für sich genommen in der Regel nicht zu einer dauerhaften Verhaltensänderung.

Echte Veränderung kommt von innen. Eine veränderte Identität führt zu Verhaltensweisen, die die Leistung und schließlich auch das Aussehen verbessern. Obwohl wir uns in diesem Artikel auf körperliche Veränderungen beziehen, kannst du das gleiche Prinzip auch auf andere Bereiche deines Lebens anwenden.

Wenn du dein Leben wirklich verändern willst, musst du deine Identität verändern und dem Veränderungsprozess einen Sinn geben.

Training und Identität

Fitnessstudios haben alles, was man zum Trainieren braucht. Alles, bis auf die wichtigste Zutat: Motivation oder deinen Beweggrund.

Unsere Vorfahren brauchten keine Willenskraft, um sich körperlich anzustrengen. Die beste Motivation lieferte die Natur: Überleben und Fortpflanzung. Entweder man bewegte sich oder man starb.

In der modernen Welt sind Bewegung und Kraft oft nicht mehr notwendig, um zu überleben und sich fortzupflanzen. Aber wenn unsere Hauptmotive verschwinden, finden wir keine Inspiration mehr.

Der konventionelle Ablauf in den meisten Fitnessstudios ist nicht sehr hilfreich:

  • Fitnessgeräte, die immer die gleiche Bewegung und den gleichen Bewegungsumfang erfordern.
  • Wiederholungen mit konstanter Intensität.
  • Isolationsübungen für einzelne Muskeln.
  • Abstrakte Bewegungen, die in unserem Alltag nicht vorkommen.
  • Trainingspläne mit vorgegebenen Sätzen und Wiederholungen ohne Überraschungen. Du weißt immer genau, was auf dich zukommt.
  • Dein Gehirn ist nicht bei der Sache. Bewegungen, die nicht auf einer sinnvollen Motivation beruhen, werden als evolutionäre Anomalie wahrgenommen. Insgeheim fragt sich dein stolzes Jägerhirn, was das alles soll. Du wendest Energie auf, obwohl es keine Feinde zu besiegen gibt, du keinen Beitrag zum Überleben deines Stammes leistest und du deinen eigenen Status nicht verbesserst.

All dies erklärt, warum sich die Fitnessstudios im Januar (der Zeit, in der man sich oberflächliche Ziele setzt) füllen und im Februar wieder deutlich leerer sind. Die Monotonie des Trainings hat die anfängliche (geringe) Motivation überwunden. Auf dieser Dynamik beruht (auch) das Geschäftsmodell mancher Fitnessstudios: Menschen, die bezahlen, aber nie hingehen. Ihnen fehlt schlicht der Anreiz, den Transformationsprozess fortzusetzen.

Foto von Risen Wang auf Unsplash

Die stärkste Motivation im Fitnessstudio ist die Ästhetik, daher die Spiegel an allen Wänden. Aus evolutionärer Sicht scheint Schönheit eine wackelige Motivation zu sein, denn unsere Vorfahren wussten Millionen Jahre lang nicht, wie sie genau aussahen. In der Tat ist es gefährlich, die eigene Identität mit der Ästhetik zu verknüpfen, aber genau das versucht die Fitness- und Schönheitsindustrie, vor allem bei Frauen.

Die Lösung besteht nicht nur darin, die Übungen und vielleicht sogar das ganze Umfeld zu ändern. Vor allem braucht es eine dauerhafte Motivation und eine neue Identität.

Dazu einige Beispiele.

Warum ist CrossFit weltweit so erfolgreich? Für viele Menschen liegt der Hauptgrund darin, dass es die Art und Weise verändert hat, wie wir trainieren. Aus unserer Sicht ist es aber noch wichtiger, dass CrossFit unsere Denkweise verändert hat. Es war eher eine psychologische als eine physiologische Revolution.

CrossFit hat es geschafft, unsere evolutionäre Identität anzusprechen und die uralten Motivationstreiber, die in unseren Genen verankert sind, zum Leben zu erwecken. Einige Merkmale dieser Trainingsform: 

  • Variabilität der Bewegungen und der Intensität sowie der Einsatz großer Muskelgruppen. Dies entspricht viel eher den Herausforderungen der Natur.
  • Sprache und Symbolik. Symbole und Codes schaffen Identität. Neben der übergeordneten Terminologie haben viele Workouts (die sogenannten WODs = Workout of the Day) eigene Namen und sind keine willkürlichen Sammlungen abstrakter Übungen.
  • Wettbewerb. Wir sind von Natur aus wettbewerbsorientiert und streben nach Status. Mehr Status bedeutet mehr Ressourcen und eine höhere Wahrscheinlichkeit, sich fortzupflanzen. Wenn wir unsere Ergebnisse, Werte und Zahlen öffentlich auf einer Tafel sehen, spornt uns das zusätzlich an. Unser Gehirn erhält ein klares und sichtbares Ziel.
  • Gemeinschaft. Der Erfolg der Gruppe ist unser Erfolg. Ich gebe mein Bestes, aber ich helfe auch den anderen, besser zu werden.
  • Schwitzen wird nicht nur toleriert, sondern gezielt angestrebt. Es zeigt, dass du deinen Beitrag für den Stamm geleistet hast. 
  • Du wirst nicht als Mitglied, sondern als Athlet gesehen. Wenn du ständig als Sportler oder Athlet angesprochen wirst, verändert sich allmählich deine Identität und damit auch dein Verhalten. Nach einer gewissen Zeit verhältst du dich auch in anderen Zusammenhängen wie ein Athlet.

Aus physiologischer Sicht birgt CrossFit auch (Verletzungs-)Risiken und Nebenwirkungen (die jedoch mit einem guten Trainer minimiert werden können), aus psychologischer und identitätsstiftender Sicht ist die Trainingsmethode jedoch perfekt.

Foto von Meghan Holmes auf Unsplash

Ein weiteres Beispiel für eine identitätsstiftende Fitnessbewegung ist die Welt der Hindernisläufe (Hyrox, Spartan Race, Tough Mudder, XLETIX, …) und die dahinter stehenden Communities und Trainingsprogramme.

Bis vor kurzem war der Marathon das einzige große Sportereignis für jedermann, das eine kollektive Begeisterung auslöste. Er hat eine gewisse Symbolik und Geschichte und stellt eine große Herausforderung dar.

Hindernisläufe gehen einen Schritt weiter. Sie fordern nicht „nur“ das Herz-Kreislauf-System, sondern den ganzen Körper. Sie schaffen eine Umgebung, die unserem natürlichen Lebensraum ähnlicher ist, mit Schlamm und unvorhersehbaren Hindernissen (statt 42 Kilometer Asphalt). Man ist Teil eines Teams und verfolgt ein klares Ziel. Jede Unebenheit und jeder Sturz ist eine Erinnerung und eine Geschichte, die man am nächsten Tag erzählen kann.

Wir sagen dir nicht, dass du CrossFit machen oder dich für das nächste Spartan Race anmelden sollst. Das sind nur Beispiele, um unsere Botschaft zu verdeutlichen: Deine Identität und deine Motivation bestimmen deine Ergebnisse.

Wie kann deine Identität also aussehen, damit du erfolgreicher wirst? Du solltest dich als jemanden sehen, der …:

  • Unannehmlichkeiten ertragen kann und weiß, dass Herausforderungen, die bewältigt werden, stark machen.
  • dem körperlichen Erbe deiner Vorfahren gerecht wird und immer dein Bestes gibt.
  • bist ein Vorbild für Gleichaltrige und die Jugend und bleibst auch im Alter aktiv und beweglich.

Wenn du dir diese Identität zu eigen machst und Sport aus den richtigen Gründen treibst, werden sich ästhetische und leistungsbezogene Ergebnisse ganz nebenbei einstellen.

Ernährung und Identität

Offizielle Empfehlungen haben unsere Ernährung in abstrakte Begriffe verwandelt: Es geht um Kalorien, Makronährstoffe, Mikronährstoffe, …

Es ist derselbe reduktionistische und mechanische Ansatz, der in vielen Fitnessstudios angewandt wird. Millionen Jahre lang kannten wir nur Nahrungsmittel. Wir wussten aus Erfahrung, dass einige gut und andere schlecht für uns sind.

Jetzt heißt es plötzlich, dass es keine guten und schlechten Lebensmittel mehr gibt und nur noch die Energiebilanz zählt.

Diese Sichtweise der Ernährung ist wenig inspirierend. Wen motiviert es, Kalorien und Makros zu zählen? Das sind Datenpunkte, mehr nicht. Sie sind messbar, aber nicht sehr einprägsam. Sie verändern weder deine Identität noch geben sie deinem Leben einen Sinn. Deshalb schaffen es die meisten Menschen nur für eine gewisse Zeit, Kalorien zu zählen und Makros zu berechnen.

Foto von Anna Pelzer auf Unsplash

Eine Änderung der Identität macht aus einer einfachen Diät einen Lebensstil. Wie ändert man seine Identität in Bezug auf die Ernährung? Indem man Botschaften wie diese verinnerlicht:

  • Ich schätze meinen Körper und die Umwelt und achte auf die Art und Herkunft der Lebensmittel, die ich esse.
  • Ich bevorzuge frische und unverarbeitete Lebensmittel. 
  • Ich achte auf meinen natürlichen Hunger, esse intuitiv und baue regelmäßig Fastenphasen in mein Leben ein.
  • Ich entdecke den Reichtum natürlicher Aromen und lasse mich nicht von den Zusatzstoffen und süchtig machenden Produkten der Lebensmittelindustrie täuschen.
  • Ich koche mit frischen, saisonalen Zutaten und achte darauf, woher sie kommen und wie sie produziert wurden.
  • Ich gebe mein Wissen und meine gesunden Ernährungsgewohnheiten an meine Kinder weiter. Damit ernähre ich nicht nur ihren Körper, sondern auch ihren Geist.

Wenn du Lebensmittel nicht nur als Dinge betrachtest, sondern sie als Teil deiner Persönlichkeit siehst, wird deine Veränderung einfacher, sinnvoller und nachhaltiger sein.

Handeln und Identität

Wir haben gesehen, wie deine Identität deine Handlungen bestimmen kann, aber die Beziehung ist bidirektional. Deine Handlungen beeinflussen auch deine Identität.

Wie kannst du deine neue Identität festigen? Zuerst musst du definieren, was für ein Mensch du sein willst. Dann unternimmst du etwas, um das zu zeigen.

Wenn ein Teil deiner Identität darin besteht, dass du jeden Tag trainierst und jeden Tag mit einer kleinen Sporteinheit beginnst, wird diese Identität gestärkt (Studie).

Durch die Stärkung der Identität „Ich bin eine Person, die sich um ihren Körper kümmert“ wird es wiederum leichter, die entsprechenden Handlungen auszuführen, die dieser Identität entsprechen. Es entsteht ein positiver Kreislauf, der deinen Körper und dein Leben zum Besseren verändert.

Wenn die Art von Person, die du sein möchtest, noch weit von deiner derzeitigen Identität entfernt ist, kannst du mit kleinen Schritten beginnen. Definiere eine kleine Gewohnheit, zu der du dich verpflichten kannst. Anstatt dir das große Ziel zu setzen, eine Stunde am Tag zu trainieren, beschränke dich auf zehn Kniebeugen am Tag.

Dein Gehirn wird keine Ausreden für eine solche Miniaktivität finden und psychologisch jeden Tag einen kleinen Sieg verbuchen, der deine Identität als „Ich bin jemand, der sich jeden Tag bewegt“ stärkt.

Außerdem ist es sehr wahrscheinlich, dass zu deiner ersten Gewohnheit (10 Kniebeugen) bald eine zweite hinzukommt (z. B. 3 Liegestütze). Der erste Schritt ist bekanntlich der schwierigste.

Neue Identität: Ja – Dogmatismus: Nein

Die eigene Identität mit den eigenen Zielen in Einklang zu bringen, ist eine hervorragende Strategie für einen wirksamen und nachhaltigen Wandel. Sie birgt aber auch ein Risiko: Dogmatismus.

Manchmal wird deine neue Identität so stark, dass du jede Infragestellung als persönlichen Angriff verstehst. Du wirst in deinen Ansichten starr und defensiv. Vielleicht ignorierst du Beweise oder Studienergebnisse, die deinen Vorstellungen widersprechen, und klammerst dich umso fester an deine Überzeugungen. Schließlich bewegst du dich gedanklich nur noch in einem streng umzäunten Bereich und verlierst den Kontakt zur Realität.

Vieles, was auf die Spitze getrieben wird, verkehrt sich ins Gegenteil. So wie viele Befreier zu Diktatoren wurden, wird eine Identität, die nicht mit der Realität übereinstimmt, zum Dogma.

Entwickle eine Identität, die repräsentiert, wer du wirklich sein und wie du wirklich leben willst, aber mache sie nicht zu einem Gefängnis. Überprüfe dein Handeln regelmäßig, bleibe offen für andere Meinungen und bilde dich ständig weiter.

Bruce Lee hat es so ausgedrückt „Absorb what is useful, discard what is not, add what is uniquely your own.

 

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Titelfoto von Xan Griffin