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Deine innere Festung #1 – Mithilfe der Stoiker besser mit Trauer und Verlust umgehen

Heute geht es um den Umgang mit der Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen und der besseren Bewältigung des entstandenen Schmerzes. 

Es ist der erste Artikel unserer neuen Reihe „Deine innere Festung“ in der wir uns mit den Ansichten der Stoiker zu Themen beschäftigen, die uns alle im Leben erwarten, herausfordern oder an unsere Grenzen bringen. 

Wir hoffen, dass die zeitlosen, verständlichen, und sofort umsetzbaren Ideen der Stoiker dir genauso viel Kraft und Aha-Momente bescheren wie uns selbst und zahllosen anderen Menschen in der Vergangenheit. 

Trauer und Verlust sind universelle Erfahrungen, die alle Menschen durchleben müssen, sei es durch den Tod eines geliebten Menschen, eine Trennung oder andere Arten von Verlusten. Besonders während der Pandemie haben viele den Schmerz des Verlusts von Angehörigen erfahren. Diese Trauer lässt sich jedoch auch auf andere Situationen übertragen, wie das Ende einer Beziehung oder jede Situation, die ein Gefühl von Verlust hervorruft.

Die Stoiker haben seit jeher hilfreiche Ratschläge gegeben, wie man mit diesen tiefen Emotionen umgehen kann.

Die stoische Philosophie wird oft missverstanden. Viele glauben fälschlicherweise, dass Stoiker ihre Gefühle unterdrücken oder emotionslos auf tragische Ereignisse reagieren. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Stoiker erkennen an, dass Menschen soziale Wesen sind und dass nichts uns stärker berührt als der Verlust eines geliebten Menschen. Seneca schrieb: „Es wäre feige, bei einem Todesfall so zu tun, als ob nichts geschehen sei.“

Es wäre ebenso nutzlos und grausam, jemanden zu bitten, nicht zu trauern, wenn er einen Verlust erlitten hat. Trauer ist eine natürliche und unausweichliche Reaktion auf Verluste, aber sie kann mit der Zeit gezähmt werden. Seneca sagte dazu: „Ich werde dir nie sagen, dass du keine Trauer verspüren sollst, aber übermäßige Trauer ist Eitelkeit.“

Die Trostbriefe der Stoiker helfen bei Trauer und Verlust // Foto von Dim Hou auf Unsplash

Viele der Dinge, die wir heute mit Medikamenten behandeln, wurden in der Antike durch Philosophie gemildert.

Insbesondere die sogenannten „Trostbriefe“, die in verschiedenen philosophischen Schulen verbreitet waren, boten Trost und Unterstützung in Zeiten des Verlustes. Diese Briefe enthalten nicht nur philosophische Reflexionen, sondern auch praktische Übungen und Überlegungen, die uns helfen können, mit Verlust besser umzugehen.

Zunächst erinnerten die Stoiker daran, dass Trauer in den ersten Tagen und Wochen nach einem Verlust normal ist. Aber irgendwann wird der Schmerz durch unser eigenes Klagen größer als der Verlust selbst.

Ein Perspektivwechsel kann helfen: Statt nur darüber zu trauern, was wir verloren haben, sollten wir uns darauf konzentrieren, was wir hatten. Seneca schlägt vor, dass man sich bewusst machen sollte, wie viel schlimmer das Leben ohne diese geliebte Person gewesen wäre. „Sei dankbar dafür, dass du diese Beziehung hattest, anstatt traurig darüber zu sein, dass sie endete“, riet er.

Die Stoiker forderten dazu auf, alles in unserem Leben als eine Leihgabe des Universums zu betrachten – ob Menschen, Besitztümer oder Erlebnisse. Diese Leihgaben könnten jederzeit zurückgefordert werden. Diese Sichtweise half den Menschen, die Dinge und Menschen um sie herum mehr zu schätzen und gleichzeitig weniger zu leiden, wenn sie diese wieder verlieren.

Epiktet sagte in diesem Zusammenhang: „Wenn du deinem Kind einen Kuss gibst, erinnere dich daran, dass du einen Sterblichen küsst.“

Den Verlust aus einer anderen Perspektive betrachten (Foto von Keith Misner)

Ein weiterer stoischer Gedanke dreht sich um die Frage, ob die Person, um die wir trauern, es wollen würde, dass wir uns ewig in Trauer verlieren. Wenn die Antwort „nein“ lautet, ist die beste Art, sie zu ehren, unseren Schmerz zu überwinden. Die Trauer bringt weder der verstorbenen Person noch uns selbst etwas.

Seneca und Marcus Aurelius, zwei der bekanntesten Stoiker, mussten beide eigene Kinder beerdigen. Sie schrieben daher aus persönlicher Erfahrung. Seneca erinnert uns daran, dass es in der Natur des Menschen liegt, mit jeder Art von Tragödie fertig zu werden. Die Philosophie bietet dabei Strategien, die uns helfen können, mit Verlust und Schmerz umzugehen.

Ein Beispiel dafür ist der Trostbrief, den Seneca an seine Freundin Marcia schrieb, die drei Jahre nach dem Tod ihres Sohnes immer noch in tiefer Trauer versunken war.

Seneca zeigte ihr, dass ihr Schmerz sie nur noch tiefer in das Leid zog, ohne ihr zu helfen. Er führte Beispiele von Frauen an, die ebenfalls den Verlust von Kindern erlitten hatten: Octavia versank in unendlicher Trauer und zog sich aus dem Leben zurück, während Livia lernte, den Schmerz zu überwinden und das Andenken ihres Sohnes positiv zu pflegen. Beide Mütter erlebten denselben Verlust, doch ihre Reaktionen waren unterschiedlich.

Phasen der Trauer gehören zum Leben dazu // Foto von Chris Lawton auf Unsplash

Die Stoiker betonen, dass Trauer ihre Zeit und ihren Platz hat, aber dass sie auch ein Ende finden muss. Seneca erinnert daran, dass unsere Vorfahren Witwen eine Trauerzeit von zehn Monaten zugestanden, aber auch festlegten, dass danach ein Schlussstrich gezogen werden sollte. „Endloses Leiden ist töricht, gar nicht zu trauern ist unmenschlich“, schrieb Seneca.

Ein weiteres wichtiges Konzept der Stoiker ist, dass wir Menschen oft selbst dazu beitragen, unser Leid zu verlängern. Während Tiere ihre Trauer rasch überwinden, leiden Menschen häufig übermäßig lange – nicht wegen des Verlusts an sich, sondern wegen ihrer eigenen Überzeugungen.

Seneca schrieb: „Kein Tier leidet lange wegen des Verlusts seiner Jungen, außer der Mensch, der an seinem Schmerz festhält.“

Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Idee, dass alles in unserem Leben – einschließlich der Menschen, die wir lieben – nur vorübergehend bei uns ist. Alles, was wir haben, ist ein Geschenk des Universums, das wir irgendwann zurückgeben müssen. „Sei bereit, das, was dir gegeben wurde, zurückzugeben, ohne zu klagen, wenn es gefordert wird“, forderte Seneca.

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Die Philosophie des Stoizismus hilft uns also, unseren Schmerz in Perspektive zu setzen und uns daran zu erinnern, dass das Leben vergänglich ist. Statt uns auf das zu konzentrieren, was wir verloren haben, sollten wir uns auf das konzentrieren, was wir hatten. „Betrachte die Zeit, die du mit deinem geliebten Menschen hattest, als Geschenk“, schreibt Seneca. „Es ist töricht, sich darüber zu beklagen, dass etwas endet, statt dankbar zu sein, dass es überhaupt existiert hat.“

Die Stoiker lehren uns auch, dass niemand wirklich „zu früh“ stirbt. Jeder von uns wird irgendwann diese Welt verlassen – ob früher oder später. Es ist daher sinnlos, über das vermeintlich „vorzeitige“ Ende eines Lebens zu klagen.

Alles, was wir tun können, ist, das Leben zu schätzen, solange wir es haben, und die Zeit, die wir mit unseren Lieben verbringen, als wertvoll zu betrachten.

Verstorbene Menschen haben uns nicht verlassen. Sie gehen uns voraus. // Foto von Sabbir Rahaman auf Unsplash

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die stoische Philosophie uns eine wertvolle Perspektive auf Verlust und Trauer bietet. Sie ermutigt uns, das Leben und die Beziehungen, die wir haben, wertzuschätzen, uns aber gleichzeitig daran zu erinnern, dass alles Vergänglichkeit ist. Indem wir diese Gedanken verinnerlichen, können wir lernen, mit Trauer besser umzugehen und unseren Schmerz zu lindern.

Die Stoiker bieten uns also nicht nur Trost, sondern auch eine Anleitung, wie wir unser Leben mit Weisheit und Gelassenheit meistern können.

Wir hoffen, dass dir der erste Artikel in der neuen Reihe „Deine innere Festung“ gefallen hat und dir eines Tages ein wenig helfen wird.

In Folge 2 der inneren Festung geht es darum, wie du deine Lebenszeit sinnvoll nutzen kannst.  

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