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Ein Auge auf die Augen haben – Wie wir unsere Sehkraft verbessern können

Heute geht es um ein zentrales Sinnesorgan: die Augen. Wir beschäftigen uns mit den Ursachen für die gegenwärtigen Augenprobleme in der modernen Welt und geben Tipps, wie wir unsere Sehkraft wieder verbessern können. 

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„Wenn ihr eure Augen nicht gebraucht, um zu sehen, werdet ihr sie brauchen, um zu weinen.“

Eine der zentralen Säulen der Fitnessrevolutionäre ist es, unser Leben, so gut es geht, im Einklang mit unserer evolutionären Geschichte zu gestalten.

Die meisten modernen Krankheiten haben ihren Ursprung in den enormen Unterschied zwischen unserer gegenwärtigen Lebensweise und dem, was unsere Gene eigentlichen von uns erwarten.

Im heutigen Artikel wenden wir diese Evolutionslogik auf unsere Augen an. Wir werfen einen kritischen Blick auf unsere modernen Gewohnheiten und vermitteln Ideen, wie wir unser Sehvermögen verbessern können. 

Foto: Corentin Marzin / Unsplash

Sehstörungen, insbesondere die Kurzsichtigkeit (Artikel I, Artikel II), sind so häufig, dass wir sie nicht einmal mehr als Krankheit wahrnehmen. Sie sind normal geworden und ein Teil unseres Alltags. Brillen sind zu einem Accessoire geworden. Sie werden nicht nur verwendet, um gut zu sehen, sondern auch, um gut auszusehen. 

Dabei war es für unsere Vorfahren eine Frage von Leben und Tod, gut und weit sehen zu können. Eine potenzielle Beute oder ein Raubtier am Horizont nicht rechtzeitig zu erkennen, hätte wahrscheinlich bedeutet, das Kurzsichtigkeitsgen nicht an die nächste Generation weitergeben zu können. 

In den Ur-Populationen lag die Inzidenz von Myopie (= Kurzsichtigkeit) bei weniger als 1 % (Studie I, Studie II) und trat zudem meist nur in höherem Alter auf.

Eine Auffälligkeit ist, dass Männer tendenziell eine bessere Weitsicht haben als Frauen. Frauen dagegen sehen in der Regel besser aus der Nähe als Männer. Einige Forscher bringen das mit alten biologischen Rollenbildern in Verbindung, als es männliche Jäger und weibliche Sammler gab (siehe Artikel).

Wenn wir die Prozentsätze der Augenprobleme unserer Vorfahren mit denen der heutigen Gesellschaft vergleichen, wird das Ausmaß des Problems ersichtlich. 

Aktuell sind mehr als 30 % der jungen Menschen zwischen 7 und 17 Jahren kurzsichtig und brillenbedürftig, wobei dieser Anteil in den vergangenen 30 Jahren stark zugenommen hat (Studie, Artikel). In einigen asiatischen Ländern ist die Zahl noch viel höher (Studie). Wenn unser Stamm von diesen jungen „Jägern“ abhängig wäre, würden wir in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.

Hunter0142, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

Die Ursachen für unsere Augenprobleme

Wie bei vielen anderen Zivilisationskrankheiten treffen auch bei unseren Augenproblemen genetische Faktoren mit Auslösern aus der Umwelt zusammen, welche unsere Gene daran hindern, sich richtig zu entfalten. Drei Problembereiche stechen heraus. 

Lesen und Bildschirme

Lesen ist eine der schönsten Beschäftigungen überhaupt. Jedoch scheint es offensichtlich zu sein, dass unsere Augen nicht dafür gemacht sind, stundenlang auf ein kleines Stück Papier zu schauen, welches sich direkt vor unserem Gesicht befindet. Die Schrift gibt es seit 5.000 – 6.000 Jahren, der Buchdruck wurde Mitte des 15. Jahrhunderts erfunden und erst seit dem 19. Jahrhundert ist das Lesen für unsere Augen eine relevante Aufgabe. 

Niemand bestreitet die vielen Vorteile des Lesens, aber unsere Augen zahlen ein Preis dafür. Das gilt umso stärker, seit wir mehr und mehr auf reflektierende Bildschirme, TV-Geräte und digitale Anzeigegeräte schauen (Studie). Auch unsere Smartphones mit ihren kleinen Bildschirmen belasten unsere Augen (Studie).

Problematisch für unser Sehkraft

Wenigstens scheint das Lesen (analog und digital) nicht der Hauptverdächtige auf der Anklagebank zu sein. Einige Studien deuten darauf hin, dass die Zeit, die wir statt in unserer natürlichen Umgebung draußen in Innenräumen verbringen, ein wichtiger Faktor für unsere ungesunden Augen ist (Studie). 

Wenig Natur und wenig Sonne

Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen der Zeit, die wir in der Natur verbringen, und der Gesundheit unserer Augen (Studie I, Studie II). Einerseits neigen wir in der Natur dazu, weiter in die Ferne zu schauen, um unsere Augen nicht nur auf nahe Objekte oder den Weg vor uns zu richten.  Andererseits ist das Sonnenlicht viel stärker als das künstliche Licht und unsere Augen sind auf diese Potenz des natürlichen Lichts besser ausgerichtet (siehe Artikel). 

Unsere (schlechte) Ernährung

So wie Zahnärzte selten auf die Ernährung des Patienten eingehen, ist es unwahrscheinlich, dass dich (d)ein Augenarzt auf die Gefahr moderner Ernährung für deine Sehkraft oder die deines Kindes aufmerksam macht. Stattdessen bekommst du eine Brille oder Kontaktlinsen und darfst wieder gehen. 

Allerdings spielt unsere Ernährung von erstem Moment eine wichtige Rolle für die Gesundheit unserer Augen. 

Zunächst kommt es bei Kindern, die gestillt werden, seltener zu Kurzsichtigkeit (Studie), was wahrscheinlich mit Omega 3 zu tun hat. Der Zusammenhang zwischen einer höheren Aufnahme von Omega 3 (hauptsächlich EPA und DHA) und einer besseren Sehkraft gilt auch noch im fortgeschrittenen Alter (Studie I, Studie II).

Überschüssiger Zucker und raffinierte Kohlenhydrate sind weitere Ernährungsfaktoren, welche die zunehmenden Augenprobleme bei Kindern (und Erwachsenen) beeinflussen. Die Blutzuckerspitzen, die durch überschüssige Kohlenhydrate verursacht werden, sind nicht gut für die Augen. Hohe Insulinspiegel können ein abnormales Wachstum des Augapfels verursachen (mehr Details), was ein Auslöser der Myopie ist. Andererseits ist die diabetische Retinopathie in den USA bereits die erste Ursache für neue Erblindungsfälle (Studie).

Wie wir das Sehvermögen verbessern können

Erweitere deinen Horizont

Unsere Augen sind darauf ausgelegt, den Horizont nach Nahrung oder potenziellen Gefahren abzusuchen. Sie sind nicht dafür gemacht, ständig auf ein Buch, einen Computerbildschirm oder ein winziges Smartphone zu starren.

  • Verbringe mehr Zeit in der Natur: betrachte den Horizont und die Sonnenuntergänge. Vorbeugen ist viel einfacher als heilen, deshalb ist es wichtig, auf unsere Kinder zu achten  (Review). Auch unsere Augen profitieren von Training. Du solltest Objekte in unterschiedlichen Entfernungen, verschiedenen Farben, Lichtintensitäten und zu unterschiedlichen Tageszeiten ins Visier nehmen. Ein Buch oder ein Bildschirm ist lediglich eine „Sehzelle“ für unsere Augen.
  • Nach oben schauen: Pausen beim Arbeiten sind wichtig – auch für die Augen. Manche befolgen hier die sog. 20-20-20-Regel. Das bedeutet, alle 20 Minuten von deinem Buch oder Bildschirm aufzuschauen und deine Augen mindestens 20 Sekunden lang auf etwas zu richten, das mindestens 20 Meter von dir entfernt ist.
  • Helligkeit: So wie es für die Optimierung deines Schlafs vorteilhaft ist, wenn du tagsüber viel natürliches, helles Licht tankst, ist es für deine Augen gut, wenn dein Arbeitsbereich gut ausgeleuchtet ist. Wenn du ein Fenster in der Nähe hast, solltest du regelmäßig entfernte Objekte fixieren. 
Balsam für die Augen

Ernährung

Beginne zunächst damit, Zucker und raffinierte Kohlenhydrate zu reduzieren, was eine universelle Faustregel gegen fast alle modernen Krankheiten ist. 

Erhöhe im nächsten Schritt deine Zufuhr an den folgenden Nährstoffen bzw. Lebensmitteln:

  • Natürliche Omega-3-Fette (Lachs, Sardinen, Leinsamen, Walnüsse …).
  • Lebensmittel, die reich an bestimmten Carotinoiden sind. Neben dem bekannten Beta-Carotin in Karotten gibt es andere, ebenso wichtige Carotinoide wie Lutein und Zeaxanthin, die nachweislich deine Sehkraft schützen (Studie I, Studie II). Lebensmittel wie Grünkohl, Spinat, Brunnenkresse und Brokkoli sind reich an diesen Antioxidantien. 
  • B-Vitamine, insbesondere B6, B9 (Folsäure) und B12, da sie mit einer signifikanten Verringerung von Augenproblemen in Verbindung gebracht werden (Studie).

Vorsicht mit den Brillen

Die Brille ist ein weiteres Symbol für die Kurzsichtigkeit der modernen Medizin. Sie gibt uns schnelle Erleichterung, löst aber nicht das Grundproblem. Wir bekommen eine Krücke statt eine Behandlung der Ursache. 

Tatsächlich glauben viele Experten, dass Brillen die Situation noch verschlimmern. Eine Brille bei Kurzsichtigkeit bewirkt, dass alles näher erscheint. Dadurch wird das Auge gezwungen, sich mehr anzustrengen, um sich auf nähere Dinge zu konzentrieren, was genau einer der Faktoren ist, der die Funktionsstörung verursacht.

Obwohl es sich nicht um eine bewiesene Theorie handelt, gibt es Hinweise darauf, dass die Verwendung von Gleitsichtgläsern die Verschlechterung der Kurzsichtigkeit im Vergleich zu einer normalen Brille verlangsamen kann (Studie I, Studie II).

Wenn du eine Brille für die Fernsicht trägst, solltest du sie nur bei Bedarf aufsetzen (z. B. beim Autofahren). Denk daran, sie zum Lesen oder für andere Aktivitäten, die eine kurze/mittlere Sicht benötigen, abzunehmen.

Ist die Kurzsichtigkeit reversibel?

Eine der ersten Theorien war, dass Myopie durch Atrophie der Augenmuskeln verursacht wird. Methoden wie z. B. das Augentraining nach Bates schlugen daher Entspannungs- und Fokussierungstechniken vor, um das Sehvermögen wieder zu verbessern. Obwohl diese Übungen ihre Vorteile haben, gibt es bis heute keine Beweise dafür, dass sie die Myopie korrigieren. Auch physiologisch wird die Theorie nicht bestätigt. Bates z. B. dachte, dass die Muskeln die Form des Auges beim Fokussieren verändern, was allerdings nicht stimmt. 

Heute wissen wir, dass Kurzsichtigkeit zum Teil durch eine Verformung (Dehnung) des Auges verursacht wird, die dazu führt, dass Objekte vor der Netzhaut reflektiert werden und nicht auf ihr (wie beim normalen Auge).

Die Linsen verändern den Weg der Lichtstrahlen leicht, sodass sie etwas weiter hinten auf der Netzhaut fokussiert werden und Objekte klar sichtbar werden.

Bei der chirurgischen Korrektur wird die Hornhaut mit einem Laser modifiziert, um den gleichen Effekt zu erzielen. 

Die ideale Alternative (ohne Operation) scheint darin zu bestehen, die Form des Auges tatsächlich zu ändern und es in seine ursprüngliche Form zurückzubringen. In diesem Zusammenhang stößt die sogenannte Incremental Retinal-Defocus Theory (IRDT) auf großes Interesse.

Diese Technik unterscheidet sich stark vom Augentraining nach Bates. Statt Entspannung geht es darum, das Auge gezielt unter Stress zu setzen. Beispielsweise wird das Auge gezwungen, mit einer Brille in die Ferne zu sehen, um in die Nähe zu sehen oder umgekehrt. Diese Theorie hat wesentlich mehr wissenschaftlichen Rückenwind als das Augentraining nach Bates und neuere Studien sprechen dafür, dass sie tatsächlich die Form des Auges verändern und die Kurzsichtigkeit zumindest teilweise korrigieren kann (Studie I, Studie II).

Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Theorie und ihre praktische Anwendung weiterentwickeln. Leider gibt es nach wie vor vergleichsweise wenig Interesse an der Incremental Retinal-Defocus Theory. Es ist wohl einfacher und lukrativer, weiterhin Brillen und teure Operationen zu verkaufen, statt die Wurzel des Problems auf natürliche Weise anzupacken. 

Solltest du an Kurzsichtigkeit leiden, empfehlen wir dir, die Fortschritte bei der Incremental Retinal-Defocus Theory im wahrsten Sinne im Auge zu behalten. 

Titelfoto: Marina Vitale 

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