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4 einfache Fitnesstests zur Einschätzung möglicher Krankheitsrisiken

In diesem Artikel geht es um vier einfache Fitnesstests, die du sofort durchführen kannst, um deinen Gesundheitszustand und dein Krankheitsrisiko einzuschätzen. 

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Wenn es darum geht, unsere Gesundheit oder unser Sterberisiko einzuschätzen, denken wir an medizinische Vorsorgeuntersuchungen und klassische Analysen. Sind alle Werte im grünen Bereich, entspannen wir uns. Wenn etwas von der Norm abweicht oder nicht Ordnung ist, sind wir alarmiert. 

Doch diese häufigen Checks und Untersuchungen sind weniger hilfreich, als es den Anschein hat. 

Eine große Studie der Cochrane Collaboration (das ist ein globales, unabhängiges Netzwerk aus Wissenschaftlern, Ärzten, Patienten und weiteren Gruppen) hat die Ergebnisse von fast 200.000 Menschen über einen Zeitraum von 20 Jahren ausgewertet. Es wurde festgestellt, dass diejenigen, die sich jährlich einer Vorsorgeuntersuchung unterzogen, weder seltener krank wurden, noch weniger oft starben.

Die Forscherinnen und Forscher kommen zu dem Schluss: „Das könnte darauf hindeuten, dass allgemeine medizinische Vorsorgeuntersuchungen die Überdiagnose stärker fördern, als dass sie klinisch relevante Anomalien aufdecken“. Zu einem ähnlichen Fazit kommt auch dieser Harvard-Artikel.

Gute Präventivmedizin bedeutet nicht, mehr Tests zu machen, sondern den Lebensstil zu verbessern.

Es ist gut, bestimmte grundlegende Indikatoren zu kennen, aber zur Gesundheit gehört weit mehr als der Cholesterinspiegel oder der Body-Mass-Index. Tatsächlich deuten immer mehr Studien darauf hin, dass wir bei der Einschätzung des Krankheitsrisikos mehr auf die Kraft und die Bewegung achten sollten.

Die Bewegung ist die eigentliche Verbindung zwischen dem Gehirn, dem Bewegungsapparat und dem Herz-Kreislauf-System. Die Analyse der Qualität dieser Achse kann uns viel mehr Informationen über ein Krankheitsrisiko liefern als eine Blutprobe.

Im Folgenden lernst du vier Beispieltests kennen, die du durchführen kannst, um deinen allgemeinen Gesundheitszustand zu bewerten, ohne zum Arzt zu gehen.

Test 1: Gehgeschwindigkeit

Eine Studie mit fast 35.000 älteren Erwachsenen (über 65) kommt zu dem Schluss, dass langsames Gehen mit einer höheren kurzfristigen Sterblichkeit verbunden ist.

Die Initiatoren der Studie maßen die Zeit, die Teilnehmer benötigten, um eine Strecke von vier Metern zu gehen. Dabei wurde die durchschnittliche Lebenserwartung von denjenigen erreicht, die mit einer Geschwindigkeit von 0,8-1 m/s gingen. Jede Erhöhung um 0,1 m/s reduzierte die Sterblichkeit um fast 12 %. 1 m/s entspricht 3,6 km/h.

Bei gleichem Alter ist langsameres Gehen mit einer höheren kurzfristigen Sterblichkeit verbunden. Quelle: Jama Network (Klick auf die Grafik)

Es gibt viele ähnliche Studien (Studie I, Studie II), die zu einem ähnlichen Ergebnis kommen. In einer anderen Untersuchung mit mehr als 50.000 Menschen wurde ebenfalls ein Zusammenhang zwischen langsamen Gehern und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs im späteren Leben festgestellt.

Die Schlussfolgerung betrifft nicht nur ältere Menschen. Die Geschwindigkeit, mit der du im Alter von 45 Jahren zu Fuß unterwegs bist, lässt gute Rückschlüsse über die Gesundheit deines Körpers und Gehirns zu  (Studie, mehr Details).

Seitdem wir die Ergebnisse dieser Studie kennen, sind wir deutlich schneller unterwegs 🙂

Test 2: Hinsetzen und Aufstehen vom Boden (ohne die Hände zu benutzen)

Dieser Test ist komplexer als das Gehen, liefert aber auch mehr Informationen. Im Stehen kreuzt du ein Bein hinter dem anderen und senkst dich langsam in eine sitzende Position auf dem Boden ab. Führe nun die umgekehrte Bewegung aus, indem du dich wieder in den Stand hochdrückst.

Wenn du es ohne Hilfe geschafft hast: herzlichen Glückwunsch! In diesem Fall hast du die vollen 10 Punkte erreicht und ein sehr geringes Risiko, vorzeitig zu sterben 🙂 

Ziehe jedes Mal einen Punkt ab, wenn du dich mit einer Hand oder einem Ellbogen abstützen musst. Dasselbe gilt, wenn du ein Knie oder eine Beinseite stützt. Wenn du das Gleichgewicht verlierst, ziehst du einen halben Punkt ab.

Laut dieser Studie sind höhere Punktzahlen in diesem einfachen Test mit einer geringeren Sterblichkeit in den folgenden Jahren verbunden.

Das Ergebnis des Sitz-Steh-Tests sagt das Risiko zukünftiger Sterblichkeit voraus. Quelle: NCBI (Klick auf die Grafik)

Das Interessante an diesem Test ist, dass er viele Dinge gleichzeitig misst: Kraft, Beweglichkeit, Gleichgewicht … Die Verbesserung dieser Fähigkeiten verringert das Risiko von Stürzen und Unfällen und ist außerdem mit einem besseren allgemeinen Gesundheitszustand verbunden.

Test 3: Griffstärke

Eine Studie aus dem Jahr 2018 mit mehr als 500.000 Teilnehmern kommt zu dem Schluss, dass ein einfacher Test der Griffkraft ein guter Prädiktor für das zukünftige Risiko von Herzkrankheiten und Krebs ist.

Eine weitere Studie bestätigt diese Ergebnisse in einer Vielzahl von Ländern. Jede Abnahme der Griffkraft um 5 kg ist mit einem um 16 % erhöhten Sterberisiko verbunden.

Je niedriger die Griffkraft, desto höher die Sterblichkeit. Quelle: Science Direct (Klick auf die Grafik)

Die Griffstärke liefert auch jungen Menschen nützliche Erkenntnisse. In einer schwedischen Studie mit über einer Million Probanden wurde die Griffstärke bei Jugendlichen (16–19 Jahre) gemessen. Im Laufe der nächsten 24 Jahre hatten die Schwächeren eine 50 Prozent höhere Sterblichkeit (unabhängig von der Todesursache) als die Stärkeren.

Dieses Ergebnis wird durch viele ähnliche Studien bestätigt (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV, Studie V).

Etwas so Einfaches wie das Drücken eines Hand-Dynamometers (wie dieser hier) oder die Zeit, wie lange du dich an einer Klimmzugstange festhalten kannst, könnte dir mehr Informationen geben als das Messen deines Cholesterinspiegels.

Test 4: Liegestütze

Wie wir bereits an anderer Stelle gesehen haben, sollte der Aufbau von Muskeln ein wichtiges Ziel von dir sein. Liegestütze sind eine großartige Übung zur qualitativen Bewertung deiner Oberkörpermuskulatur.

Eine aktuelle Studie mit mehr als 1.000 Feuerwehrleuten im Durchschnittsalter von 40 Jahren kam zu dem Schluss, dass die Anzahl der geschafften Liegestütze das zukünftige Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorhersagt. In den zehn Jahren nach dem Test hatten Männer, die mehr als 40 Liegestütze am Stück schafften, 96 % weniger Herzprobleme als diejenigen, die weniger als 10 hinbekamen.

Je mehr Liegestütze, desto weniger Sterblichkeit. Quelle: NCBI (Klick auf die Grafik)

Selbst in risikoreichen Berufen wie bei der Feuerwehr sterben viel mehr Menschen an Herzkrankheiten als bei der gefährlichen Arbeit. Ein einfacher Liegestütz-Test bis zum Muskelversagen ist ein besserer Prädiktor für das Risiko als herkömmliche Stresstests auf dem Laufband (mehr Details).

Hinweis: Bei Frauen besteht der gleiche Zusammenhang, auch wenn die Anzahl der durchzuführenden Liegestütze geringer ist.

Schlussfolgerungen

Traditionelle Biomarker sind nützlich, vorwiegend bei Menschen mit hohem Risiko oder wenn bereits eine Krankheit aufgetreten ist. 

Bei gesunden Menschen führen Routineuntersuchungen jedoch oft zu falsch-positiven Ergebnissen, was zu unnötigen Behandlungen und hohen Kosten im Gesundheitswesen führt. Wir hätten eine gesündere Bevölkerung, wenn ein Teil des Budgets in die Verbesserung der Lebensgewohnheiten investiert würde.

Andererseits gibt es viel einfachere Indikatoren, die uns helfen, unser Krankheitsrisiko einzuschätzen, ohne dass wir dafür einen Termin beim Arzt machen müssen. Deine Kraft und die Qualität deiner Bewegung geben dir eine Menge Informationen über den Zustand deines Körpers und damit über dein Risiko für Krankheiten.

Außerdem zwingen dich Fitnesstests dazu, Verantwortung zu übernehmen. Es gibt keine Pillen, um deine Kraft oder Beweglichkeit zu verbessern. Du musst selbst an dir arbeiten. Die Verbesserung deiner Ergebnisse bei diesen Tests wirkt sich direkt auf die Leistungsfähigkeit deines Körpers aus.

Gehe weiterhin zu ärztlichen Untersuchungen, aber ergänze deinen Vorsorge-Werkzeugkasten um eigene körperliche Beurteilungen. Führe die vier genannten Fitnesstests am besten noch heute durch und versuche, deine Ergebnisse in einem Jahr zu verbessern.

P.S.: Das Bestehen aller Tests bedeutet natürlich nicht, dass du automatisch frei von Problemen bist. Genauso wenig bedeuten schlechte Resultate bei den Tests nicht, dass du gesundheitliche Probleme bekommen wirst. Es geht um Wahrscheinlichkeit und darum, mögliche Schwachstellen frühzeitig zu erkennen 🙂

Titelbild: von Emma Simpson auf Unsplash 

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