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Lerne dein Gravitostat kennen und nutze eine Gewichtsweste, um mehr Fett zu verbrennen

Heute geht es um die rätselhaften Begriffe Adipostat und Gravitostat und darum, wie dir Gewichtswesten beim Fettabbau helfen können. 

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Unser Körper versucht, einen bestimmten Körperfettanteil aufrechtzuerhalten, indem er eine Vielzahl von Rückkopplungsmechanismen einsetzt. Von diesen Mechanismen ist die Leptinkontrolle der stärkste. Leptin ist ein Hormon, das von den Fettzellen (= Adipozyten) ausgeschüttet wird, sodass sein Spiegel im Blut ein guter Indikator für die Menge des angesammelten Fetts ist. Wenn du Fett abbaust, sinkt der Leptinspiegel. In der Folge verlangsamt dein Gehirn den Stoffwechsel, du bekommst mehr Appetit und möchtest dich weniger bewegen.

Dieser Regulierungsmechanismus ist als Adipostat bekannt und obwohl er für die Steinzeitmenschen sehr nützlich war, ist er heute das Kryptonit der Diäten. Glücklicherweise gibt es Strategien, um ihn zu hacken, wie z. B. Aufladen bzw. Refeed und gezielte Ruhepausen.

Außerdem gibt es einen weiteren unabhängigen Regulierungsmechanismus, der anstelle der Überwachung des Leptinspiegels im Blut das Gewicht direkt über Sensoren in den Knochen analysiert (mehr Details). Mehr Gewicht bedeutet mehr Wirkung der Schwerkraft auf die Knochen, daher auch der Name Gravitostat.

Im heutigen Artikel lernst du, wie der Gravitostat funktioniert und wie du ihn austricksen kannst, um leichter Fett zu verlieren.

Überliste dein Gravitostat

Seit Langem wird über die Fähigkeit unserer Knochen spekuliert, die Funktion einer Art innere Waage zu erfüllen, also unser Gewicht zu spüren und Informationen an das Gehirn zu senden. Steigt etwa unser Gewicht, könnte das Gehirn den Hunger reduzieren, da es weiß, dass wir über genügend Fettreserven verfügen.

Die Knochen können dein Gewicht über die Zellen (Osteozyten) spüren und Informationen an das Gehirn senden.

Um diese Theorie zu bestätigen, wurde in einer Studie fettleibigen Ratten und Mäusen eine Kapsel mit Gewicht implantiert. Es wurde beobachtet, dass sie dadurch tatsächlich weniger aßen und mehr Gewicht verloren als die Kontrollgruppe, der eine Kapsel ohne Gewicht implantiert wurde.

Wenn man das Gewicht von Ratten und Mäusen mit einem externen Gewicht erhöht, essen sie weniger und verlieren mehr Gewicht. Quelle: NCBI (Klick auf die Grafik)

Das obige Diagramm zeigt das tatsächliche Gewicht der Mäuse abzüglich des zusätzlichen Gewichts. Betrachtet man beides, also das Gewicht der Maus und das hinzugefügte Gewicht, so stellt man fest, dass die Mäuse in Höhe des hinzugefügten Gewichts abnehmen, bis sie das Durchschnittsgewicht der Kontrollgruppe erreichen. Mit anderen Worten: Ihre Körper fördern den Fettabbau, bis sie wieder ihr vorheriges Gewicht erreicht haben. Der Gravitostat ist für diese Kontrolle verantwortlich.

Das Gehirn versucht, das "neue" Gewicht loszuwerden, indem es Fett verbrennt, um das alte Gewicht wieder zu erreichen

Von Mäusen zu Menschen

Funktioniert ein ähnlicher Ansatz auch beim Menschen? Eine kürzlich durchgeführte Studie scheint dies zu bestätigen. Hier wurden 72 Probanden mit Adipositas vom Typ 1 (also einen Body-Mass-Index von 30 bis 35) in zwei Gruppen eingeteilt. Beide Gruppen trugen drei Wochen lang acht Stunden täglich eine Gewichtsweste, allerdings mit unterschiedlichem Gewicht. Bei der einen Gruppe entsprach das Gewicht der Weste 1 % des Körpergewichts der Probanden (= geringe Belastung). In der anderen Gruppe entsprach die Weste 11 % des Körpergewichts (= hohe Belastung).

Nach drei Wochen hatte die Gruppe mit der hohen Belastung mehr Fett verloren und mehr Muskeln aufgebaut als die Gruppe mit der niedrigen Belastung.

Die Gruppe, die mehr Last trug, verlor mehr Fett (Fettmasse) und gewann mehr Muskeln (fettfreie Masse). Quelle: Sciencedirect (Kilck auf die Grafik)

Zwar scheint die Gravitostat-Theorie recht solide zu sein, aber es sind weitere Studien erforderlich, um die Wirksamkeit zu bestätigen. Außerdem gibt es zwei wichtige Einschränkungen zu beachten:

  1. Der Mechanismus scheint bei deutlichem Übergewicht wirksamer zu sein als bei Personen, die bereits näher am Normalgewicht sind (das Normalgewicht entspricht einem Body-Mass-Index von 18,5 – 24,9)
  2. Die Wirkung ist weniger stark, wenn man viel Zeit im Sitzen verbringt. Bewegung verstärkt die Wirkung der Schwerkraft. Wenn du den ganzen Tag auf einem gepolsterten Sofa sitzt, spüren deine Knochen keine große Belastung.

Ein weiterer möglicher Nachteil ist, dass du die Gewichtsweste viele Stunden am Tag tragen müsstest, um eine signifikante Wirkung zu erzielen.

Allerdings lassen sich bereits mit einfachen Maßnahmen positive Ergebnisse erzielen, z. B. wenn du die Weste beim Training und den täglichen Spaziergängen trägst. Das hat noch drei zusätzlichen Vorteile:

  • Du erhöhst deinen NEAT (= Non-Excercise Activity Thermogenesis; das ist die Aktivitätsthermogenese bzw. der Energieverbrauch ohne Sport).
  • Du steigerst deinen Energiefluss. 
  • Du baust mehr Muskeln auf.

Schauen wir uns diese Aspekte im Folgenden etwas näher an. 

NEAT-Anstieg

Der NEAT ist deine gesamte tägliche Bewegung außer dem Sport und ist oft der entscheidende Faktor bei der Gewichtsreduktion (sogar wichtiger als das Training). Wenn du öfter eine Gewichtsweste trägst, erhöhst du mit geringem Aufwand den NEAT. 

Allerdings ist der Anstieg des Kalorienverbrauchs relativ gering (Studie), was die Gravitostat-Hypothese unterstützt. Der Fettabbau ist eher auf die Regulierung seitens deines Gehirns als auf die erhöhte Anstrengung zurückzuführen.  Am Ende des Tages summiert sich jedoch alles. 

Das Gehen mit einem zusätzlichen Gewicht, das 10 % des Körpergewichts entspricht, erhöht den Kalorienverbrauch um 7 % (von 5,7 auf 6,1 kcal/Minute).

Erhöhter Energiefluss

Eine Gewichtsweste erhöht sowohl den NEAT als auch den Kalorienverbrauch im Training, was die Gewichtsabnahme erleichtert. Auch wenn du mehr essen solltest, würdest du durch das Konzept des Energieflusses das Kalorienniveau anheben, auf dem sich das Energiegleichgewicht einstellt. 

Es kommt nicht nur auf die Energiebilanz an, sondern auch auf die Kalorienmenge, mit der sie erstellt wird.

Mehr Muskeln durch eine Gewichtsweste

Wie wir bereits an vielen Stellen erklärt haben, ist die progressive Überlastung (progressive Overload) ein Schlüsselfaktor für den Muskelaufbau. Eine Gewichtsweste kann dir dabei helfen, diesen Zustand zu erreichen. Das gilt insbesondere dann, wenn du das Gewicht graduell anpassen kannst. Wenn du deinen normalen Trainingsplan mit zusätzlichem Gewicht absolvierst, muss dein Körper härter arbeiten und deine Muskeln wachsen schneller. Die Weste kann dir auch helfen, bei einer Übung wie dem Klimmzug Fortschritte zu machen. 

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Einige Strategien, wie z. B. das Aufladen bzw. Refeed, ermöglichen es uns, die mit langen, kalorienarmen Diäten verbundene Verlangsamung des Stoffwechsels abzumildern, indem sie diesen physiologischen Anpassungen entgegenwirken. Auf diese Weise kann der Adipostat ausgetrickst werden. Des Weiteren nutzt unser Körper weitere Systeme zur Gewichtsregulierung, wie den Gravitostat.

Um den Gravitostat zu unseren Gunsten zu nutzen, ist es sinnvoll, ein zusätzliches Gewicht einzusetzen, zum Beispiel in Form einer Gewichtsweste. Diese signalisiert dem Gehirn, dass wir weniger essen können (was den Hunger reduziert). Sie hilft uns, mehr Kalorien zu verbrauchen und erleichtert gleichzeitig den Muskelaufbau.

Gewichtswesten sind eine effektive Option, da sie unsere Biomechanik kaum verändern. Eine andere Möglichkeit, den Gravitostat stärker zu aktivieren, besteht darin, insgesamt weniger zu sitzen. So könntest du einen Teil des Tages an einem Stehschreibtisch arbeiten oder einfach mehr zu Fuß gehen. So können die Knochen dein wahres Gewicht bemessen.

Abschließend solltest du daran denken, dass die genannten Strategien lediglich zusätzliche Elemente in deinem Arsenal bezüglich des Fettabbaus und des Trainings sind und nicht die Basis bilden sollten. 

Titelfoto von Piret Ilver auf Unsplash 

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