Dieser Artikel gibt dir einen Überblick über Melatonin, das sogenannte Schlafhormon. Du bekommst Strategien an die Hand, um erfährst, ob und wann es sinnvoll ist, ein entsprechendes Nahrungsergänzungsmittel einzusetzen.
Melatonin ist als Schlafhormon bekannt, und eine seiner Hauptaufgaben ist die Regulierung der circadianen Rhythmen. Seine Wirkung ist jedoch viel umfassender, und es wirkt auf verschiedene Weise auf unsere Gesundheit ein.
Leider scheint unsere moderne Welt darauf ausgelegt zu sein, die Produktion dieses wunderbaren Moleküls zu hemmen – mit schrecklichen Folgen.
Der Ursprung des Melatonins
Melatonin wurde bereits von sehr primitiven Lebensformen synthetisiert, aber seine ursprüngliche Funktion bestand darin, als Antioxidans zu wirken (mehr Details).
Mit der Entwicklung komplexerer Lebewesen gewannen die circadianen Rhythmen an Bedeutung, da es notwendig wurde, das Verhalten an die Zeit anzupassen.
In unserem Fall befindet sich die zentrale Uhr im Nucleus suprachiasmaticus (ein Kerngebiet in unserem Gehirn) und nutzt verschiedene Prozesse, um dem Rest des Körpers die Zeit mitzuteilen. Wenn es Nacht wird, aktiviert sie die Zirbeldrüse, die wiederum Melatonin produziert. Dieses Hormon wird dann in den Blutkreislauf freigesetzt, von wo aus es in alle Gewebe gelangt.
Auf diese Weise entwickelte Melatonin eine zusätzliche Funktion: Es fungierte als Bote der Dunkelheit.
Künstliches Licht hemmt die Freisetzung von Melatonin, was die durch dieses Licht verursachten Gesundheitsprobleme erklären könnte.
Die Vorteile von Melatonin
Melatonin hat viele Funktionen, einige sind systemisch und andere wirken sich auf zellulärer Ebene aus (mehr Details).
Sehen wir uns im Folgenden einige der wichtigsten Vorteile genauer an.
1.) Reduktion des Jetlags
Viele gehen davon aus, dass Melatonin lediglich den Schlaf fördert, aber seine Wirkung ist komplexer. Seine unmittelbare Wirkung besteht darin, den circadianen Rhythmus zu regulieren, weshalb höhere Dosierungen nicht unbedingt besser sind.
Melatonin ist das wirksamste Ergänzungsmittel zur Wiederherstellung des circadianen Rhythmus nach einer Überseereise, vor allem in Richtung Osten. Die Einnahme vor dem Schlafengehen in der Nacht nach Ankunft am Reiseziel reduziert die mit dem Jetlag verbundenen Symptome deutlich (Meta-Analyse).
2.) Verringerung von Schlaflosigkeit
Melatonin war das erste Präparat, dessen Wirksamkeit gegen Schlaflosigkeit nachgewiesen wurde, ohne dass es nach Absetzen der Einnahme zu Entzugserscheinungen kam (Studie I, Studie II, Studie III).
In vielen Studien werden Dosierungen von 2 mg mit verlängerter Wirkstofffreisetzung verwendet.
3.) Schutz vor Krebs
In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl von Studien veröffentlicht, die eine erhöhte Exposition gegenüber künstlichem Licht in der Nacht mit höheren Krebsraten in Verbindung bringen.
Nächtliches Licht hemmt die Freisetzung von Melatonin und beraubt uns damit seiner vielfältigen krebshemmenden Wirkungen: Antioxidationskraft, Regulierung der Apoptose (programmierter Zelltod), Stärkung des Immunsystems, Hemmung der Angiogenese (welche die Blutversorgung von Krebszellen einschränkt) und Blockierung der Migration bösartiger Zellen (mehr Details I, mehr Details II, mehr Details III, mehr Details IV).
Melatonin hat nicht nur eine präventive Funktion, sondern wird auch mit guten Ergebnissen als Ergänzung zu konventionellen Therapien eingesetzt. So hat sich gezeigt, dass es die Überlebenschancen verbessert und die Nebenwirkungen der Chemotherapie verringert (Meta-Analyse I, Meta-Analyse II, Review, Studie I, Studie II).
4.) Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Mitochondrien
Lange Zeit, bevor Melatonin seine Funktion als Nachtsignalgeber übernahm, wurde es bereits von den Mitochondrien zur Bekämpfung der bei der Energieproduktion freigesetzten freien Radikale eingesetzt. Man geht davon aus, dass die Mitochondrien als erstes Melatonin synthetisieren (mehr Details I, mehr Details II), und es ist und bleibt ihr wichtigstes Antioxidans.
Mitochondrien sind die Kraftwerke unserer Zellen, und ohne Energie gibt es kein Leben. Viele Studien zeigen, dass eine mitochondriale Dysfunktion zu vielen modernen Krankheiten beiträgt, daher ist es wichtig, sich gut um sie zu kümmern. Mehr Energie zu haben bedeutet gleichzeitig weniger müde zu sein (Studie).
Melatonin mildert den oxidativen Stress in den Mitochondrien und erhält so deren Funktionsfähigkeit (mehr Details I, mehr Details II, mehr Details III, mehr Details IV).
Ferner steigert Melatonin die Autophagie (die natürliche Erneuerung und Wiederverwertung beschädigter Zellen) in den Mitochondrien und beteiligt sich an der mitochondrialen Biogenese (Review), wodurch die Produktion von neuem ATP erhöht wird (mehr Details). Dies könnte (zumindest) zu einem Teil den Anti-Aging-Effekt erklären, der Melatonin zugeschrieben wird (Review, mehr Details I, mehr Details II, Review).
Melatonin verbessert auch die Energieproduktion in den Mitochondrien der Muskelfasern, wodurch der mit dem Alter auftretende Muskelschwund gemildert wird (Review).
Da die mitochondriale Dysfunktion eines der Kennzeichen von Krebs ist, wäre Melatonin eine weitere Möglichkeit, uns vor dieser Krankheit zu schützen, indem es dem berühmten Warburg-Effekt entgegenwirkt (mehr Details I, mehr Details II).
5.) Hilfe bei Geschwüren und der gastroösophagealen Refluxkrankheit
Aufgrund seiner antioxidativen Wirkung schützt Melatonin die Magenschleimhaut und lindert den gastroösophagealen Reflux, bei dem der Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließt, was sich unter anderem durch Sodbrennen bemerkbar macht (Studie).
Melatonin beschleunigt auch die Heilung von Geschwüren (Studie I, Studie II). Interessanterweise wird eine ähnliche Wirkung durch eine Narhrungsergänzung mit Tryptophan, einer Vorstufe von Melatonin, erzielt.
6.) Förderung des Fettabbaus
Melatoninmangel wird mit erhöhter Fettleibigkeit in Verbindung gebracht. Mehrere Studien zeigen, dass eine Melatoninergänzung den Fettabbau fördern kann (Studie I, Studie II).
Wir haben bereits an anderer Stelle darüber geschrieben, dass eine gute Nachtruhe dazu beiträgt, mehr Fett zu verbrennen und mehr Muskeln aufzubauen.
Melatonin scheint auch die Menge an Adiponektin zu erhöhen, ein Hormon, welches vom Fettgewebe freigesetzt wird, Diabetes und Fettleibigkeit vorbeugt und vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt (mehr Details).
In dieser Studie beispielsweise nahmen Frauen in den Wechseljahren ein Jahr lang täglich 1–3 mg Melatonin zu sich. Dabei wurde ein Anstieg des Adiponektinspiegels um 21 % sowie eine Verbesserung der Körperzusammensetzung (mehr Muskeln und weniger Fett) im Vergleich zu Frauen, die nur ein Placebo einnahmen, beobachtet.
Wie man Melatonin natürlich erhöht
Bevor wir uns mit der Verwendung von Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel befassen, sollten wir verstehen, dass das eigentliche Ziel darin besteht, die natürliche Produktion des Körpers zu steigern. Das funktioniert, wenn wir die folgenden Gewohnheiten verbessern.
1.) Weniger künstliches Licht in der Nacht und mehr natürliches Licht am Tag
Dies ist bei Weitem die wichtigste Maßnahme zur Optimierung deines Melatoninspiegels. Wir müssen die ursprünglichen Signale von Licht und Dunkelheit wiederherstellen, um unsere innere Uhr zu synchronisieren und auf diese Weise die durch die moderne Welt verursachte Fehlstellung zu vermeiden.
Viele Menschen verbringen einen Großteil des Tages in geschlossenen Räumen und umgeben sich auch abends und nachts mit künstlichem Licht. Um unser natürliches Melatonin zu fördern, sollten wir tagsüber (so gut es geht) für mehr natürliches Licht und nachts für Dunkelheit sorgen.
2.) Eine Ernährung, die reich an Melatonin, Tryptophan und Magnesium ist
Neben einer guten, ausgewogenen Ernährung gibt es auch spezielle Nährstoffe, die uns bei der Steigerung unseres Melatonin-Spiegels helfen können.
Zunächst einmal liefern einige Lebensmittel eine gewisse Menge Melatonin, unter anderem Kirschen, Pistazien und Hafer (mehr Details).
Wahrscheinlich liefern diese Nahrungsmittel zwar nicht genug Melatonin, um eine deutliche Wirkung zu haben, aber mehrere Studien zeigen zumindest günstige Ergebnisse für eine verbesserte Nachtruhe (Studie I, Studie II, Studie III).
Die Rolle von Tryptophan im Schlaf als Vorläufer von Melatonin wurde ebenfalls untersucht. Bislang sind die Ergebnisse allerdings noch uneindeutig. Einige Untersuchungen (Studie I, Studie II) deuten darauf hin, dass die Zugabe von Tryptophan den Melatoninspiegel erhöht und die Nachtruhe verbessert, aber andere Studien zeigen keinen Effekt.
Zwei Faktoren könnten diese Ungereimtheiten erklären:
- Die Menge an Tryptophan in der Ernährung. Wenn du dich bereits proteinreich ernährst und Lebensmittel zu dir nimmst, die reich an Tryptophan (z. B. Tofu, Kürbiskerne, Nüsse, Huhn, Käse, Fisch, Eier …) sind, ist es wahrscheinlich, dass eine Ergänzung mit Tryptophan keinen zusätzlichen Effekt hat.
- Kohlenhydrate beim Abendessen. Kohlenhydrate erhöhen den Insulinspiegel, der Aminosäuren anzieht, die mit Tryptophan konkurrieren. Dadurch wird der Weg für Tryptophan frei, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und das Gehirn zu erreichen (Studie), wo es seine Wirkung entfaltet. Der Verzehr von Kohlenhydraten 3–4 Stunden vor dem Schlafengehen steigert also die Melatoninproduktion und erleichtert die Erholung (Studie). Andererseits haben wir am Abend eine geringere Insulinempfindlichkeit, also sollten wir hier auch nicht übertreiben.
Schließlich hemmt ein Magnesiummangel die Melatoninproduktion (Studie), während eine Nahrungsergänzung mit Magnesium die Melatoninproduktion zu erhöhen und die Ruhe zu verbessern scheint (Studie). Wie immer gilt hier: Bevor du an eine Supplementation denkst, sorge dafür, dass du magnesiumhaltige Lebensmittel zu dir nimmst: grünes Blattgemüse, Schokolade mit einem sehr hohen Kakaoanteil, Avocados, Nüsse, Hülsenfrüchte, Kürbiskerne, Fisch, Bananen …
3.) Alkohol in der Nacht begrenzen
Alkohol macht zwar schläfrig, verschlechtert aber die Qualität des Schlafes (mehr Details). In dieser Studie verringerte der Alkoholkonsum am Abend die Melatoninproduktion auch noch drei Stunden später um 19 Prozent.
Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel
Neben dem Versuch, Melatonin auf natürliche Weise zu erhöhen, kann es in bestimmten Fällen sinnvoll sein, ein entsprechendes Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Melatonin gilt als sicheres Präparat (mehr Details).
Die in Studien üblicherweise verwendete Dosis liegt zwischen 0,5 und 5 mg pro Nacht.
Bei leichten Schlafproblemen scheint es ratsam, eine kleine Dosis (0,5 mg) Melatonin (eine Stunde vor dem Schlafengehen) einzunehmen (mehr Details). Wenn du keine Wirkung bemerkst, kannst du die Dosis behutsam erhöhen.
Bei Schlaflosigkeit wurden gute Ergebnisse mit 2 mg Melatonin mit verlängerter Wirkstofffreisetzung erzielt. Zur Verringerung des Jetlags scheint jedoch Melatonin mit schneller Wirkstofffreisetzung wirksamer zu sein (Meta-Analyse).
Das Timing ist wichtig
So wie Vitamin D am besten morgens eingenommen wird, sollte Melatonin am Abend eingenommen werden (mehr Details) und nicht mit dem Essen vermischt werden.
Melatonin beeinträchtigt die Verdauung und verschlechtert die Insulinempfindlichkeit. Angesichts dessen ist es ratsam, mindestens ein paar Stunden zwischen dem Abendessen und der Einnahme des Nahrungsergänzungsmittels verstreichen zu lassen.
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