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Über die enorme Bedeutung der Nasenatmung für deine Gesundheit

Heute erklären wir dir, warum die Nasenatmung so wichtig für deine Gesundheit und Leistungsfähigkeit ist. 

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Wir können mehrere Tage ohne Wasser und einige Wochen ohne Nahrung (über)leben, aber nur wenige Minuten ohne Sauerstoff. Und dennoch achten wir selten auf unsere Atmung.

Wir haben uns so sehr von unserem natürlichen Lebensraum abgekoppelt, dass uns sogar etwas so Essenzielles wie das richtige Atmen immer schwerer fällt

Dabei verbessert eine gute Atmung deine Gesundheit, Erholung und körperliche Leistungsfähigkeit. Atme also nochmals tief durch und dann stürzen wir uns ins Thema. 

Deine Atmung

Vor etwa 2,4 Milliarden Jahren ereignete sich die sogenannte Große Sauerstoffkatastrophe, bei der der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre rapide anstieg. Alle Lebensformen veränderten sich und es entstanden die ersten aeroben Organismen, die in der Lage waren, dieses neue Gas zur Energiegewinnung in ihren Mitochondrien zu nutzen. Im Laufe der Zeit wurde die Atmung immer komplexer und führte schließlich zum hoch entwickelten menschlichen Herz-Kreislauf-System.

Kardiorespiratorisches System

Der Atmungsprozess beginnt mit dem Zusammenziehen bzw. der Kontraktion des Zwerchfells und dem Ausdehnen der Lungen. Dadurch wird Luft aus der Atmosphäre aufgenommen. Etwa 21 % dieser Luft ist Sauerstoff, (die anderen Bestandteile sind Stickstoff mit 78 % sowie verschiedene Edelgase und Kohlendioxid) der in der Lunge an das Hämoglobin im Blut gebunden wird.

Dieses sauerstoffreiche Blut wird vom Herzen durch die Arterien gepumpt und erreicht so alle Organe unseres Körpers. Die Zellen nutzen den Sauerstoff zur Energiegewinnung und setzen dabei Kohlendioxid bzw. Kohlenstoffdioxid (CO₂) frei. Das CO₂ wandert durch die Venen zurück in die Lunge und wird beim Ausatmen wieder ausgestoßen.

Warum du durch die Nase atmen solltest

Unsere australopithekinen Vorfahren hatten eine flache Nase mit einem frontalen Lufteinlass, ähnlich wie bei anderen Primaten, z. B. Gorillas oder Schimpansen. Im Laufe der Zeit veränderte sich unsere Nase und bildete eine äußere Scheidewand und vertikale, nach unten gerichtete Nasenlöcher. Diese neuartige Nasenform war bereits bei unseren „jüngeren“ Vorfahren zu sehen, zum Beispiel beim Homo erectus vor 1,6 Millionen Jahren (mehr Details).

Evolution der Nase. Schimpanse->Australopithecus->Erectus->Sapiens

Unsere vorstehende Nase ist kein Zufall, sondern erfüllt eine lebenswichtige Funktion: Durch den Eintritt im 90-Grad-Winkel wird die Luft stärker befeuchtet, indem der Kontakt mit den Schleimhäuten maximiert wird. Ohne diese Funktion hätte die trockene Luft der afrikanischen Savanne die Lungen unserer Vorfahren schnell ausgetrocknet und die aerobe Kapazität einschränkt. Beim Ausatmen ermöglicht uns derselbe verdrehte Weg, unsere eigene Körperfeuchtigkeit wieder aufzunehmen und so den Wasserverlust zu minimieren.

Unsere Nase war eine der vielen Anpassungen, die uns einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Tieren verschafften: Dank ihr konnten wir lange Strecken ohne Pause laufen.

Neben ihrer thermoregulierenden und feuchtigkeitsspendenden Funktion fungiert die Nase auch als Filter, der Bakterien und Schmutzpartikel abhält. Außerdem steigert die Nasenatmung die Produktion von Stickstoffmonoxid (Studie I, Studie II). Dieses Gas erlangte 1992 Berühmtheit, als es als „Molekül des Jahres“ auf der Titelseite des Magazins Science abgebildet wurde. Kurz darauf ging der Nobelpreis für Medizin an Forscher, die seine wichtige Rolle für die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems nachgewiesen hatten (mehr Details).

Jüngste Studien zeigen, dass wir sogar besser denken, wenn wir durch die Nase atmen (Studie).

Kurz gesagt, wir sind evolutionär auf die Nasenatmung ausgerichtet, aber mittlerweile atmet mehr als die Hälfte aller Menschen durch den Mund (Studie). Die Folgen sind katastrophal.

Probleme der Mundatmung

Die Funktion beeinflusst die Form. Auf die Atmung bezogen bedeutet das, dass sich die Anatomie unseres Gesichts durch die Mundatmung verschlechtert.

In den 1980er-Jahren haben mehrere Studien an Affen gezeigt, dass die Tiere, die jahrelang zur Mundatmung gezwungen wurden, zahlreiche Zahnerkrankungen entwickelten und ihre Kiefer sich veränderten (Studie I, Studie II, Studie III).

Heute wissen wir, dass das Gleiche bei Kindern passiert (mehr Details). Mundatmung ist mit Gesichtsverformungen, abnormen Kieferformen und Zahnfehlstellungen verbunden (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV, Studie V, Studie VI, mehr Details I, mehr Details II). Es ist besonders wichtig, in den ersten Lebensjahren, der wichtigsten Prägungsphase des Mundes, auf die Nasenatmung zu achten oder die Mundatmung zu korrigieren. 

Normaler Unterkiefer (links) und schmaler Unterkiefer (rechts) durch die Mundatmung

Mundatmung verursacht auch Trockenheit und einen niedrigeren pH-Wert des Speichels (Studie), was zu mehr Karies und einer schlechteren allgemeinen Mundgesundheit führt (Studie).

Mundatmung ist auch ein Risikofaktor für die Entwicklung von Asthma (Studie I, Studie II) und beeinträchtigt die aerobe (Studie I, Studie II) und kognitive (mehr Details) Kapazität, was wiederum die richtige Aktivierung des Zwerchfells beeinträchtigt (Studie).

Schließlich führt die Mundatmung auch zu Überatmung, einem Problem, das wir uns nun etwas genauer ansehen.

Probleme durch zu viel Atmen

Durch den Mund atmen wir nicht nur schlechter, sondern auch zu viel. Die meisten Menschen atmen zu viel, und das scheint mit Krankheiten wie Asthma oder koronaren Herzerkrankungen in Verbindung zu stehen (Studie I, Studie II).

Wir sind es gewohnt, Sauerstoff als positiv und CO₂ als negativ zu betrachten, aber der entscheidende Punkt ist das Gleichgewicht.

Tatsächlich schenkt dein Gehirn dem Sauerstoff keine große Beachtung, denn bei normaler Atmung ist das Blut bereits mit Sauerstoff gesättigt (in den meisten Fällen liegt der Blutsauerstoffgehalt zwischen 95 und 99 %). Was wirklich wichtig ist, ist nicht, wie viel Sauerstoff du im Blut hast, sondern wie viel du verbrauchen kannst, und das hängt zum Teil vom Vorhandensein von CO₂ ab, und zwar aufgrund des sogenannten Bohr-Effekts.

Der dänische Physiologe Christian Bohr entdeckte 1904, dass das Hämoglobin seinen Sauerstoff leichter an das Gewebe abgibt, wenn der CO₂-Gehalt steigt. Wenn du aber viel atmest (vorwiegend durch den Mund) bleibt das CO₂ niedrig und das Hämoglobin gibt weniger Sauerstoff ab. Neben anderen negativen Effekten verstärkt dies Asthmaanfälle (Studie) und Angstzustände (Studie).

Foto von Alex Hiller auf Unsplash

Paradoxerweise verringert sich durch die Überatmung die Sauerstoffverfügbarkeit auf zellulärer Ebene. Dadurch sinkt unsere CO₂-Toleranz, was dazu führt, dass wir erneut zu viel atmen und der negative Kreislauf immer weiterläuft.

Was meinen wir mit niedriger CO₂-Toleranz? Das Gehirn überwacht in erster Linie die CO₂-Ansammlung und nicht den Sauerstoff. Der Atemreiz entsteht nicht wirklich durch Sauerstoffmangel, sondern durch einen scheinbaren Überschuss an CO₂. Aber eine Überempfindlichkeit gegenüber Kohlenstoffdioxid führt dazu, dass wir den Wunsch verspüren zu atmen, ohne dass tatsächlich die Notwendigkeit bestünde.

Wenn du deine CO₂-Toleranz verbesserst und dadurch deine Atemfrequenz reduzierst, verbessert das deine Gesundheit und sportliche Leistung. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die Anwendung der Buteyko-Methode.

Die Buteyko-Methode

Der russische Arzt Konstantin Buteyko analysierte in den 1950er-Jahren die Atmung von Hunderten Patienten. Dabei stellte er fest, dass sich die Atmung mit zunehmender Verschlimmerung der jeweiligen Krankheit beschleunigte.

Seine Argumentation lautete wie folgt: Wenn die Krankheit die Atmung verändert, kann eine Kontrolle der Atmung vielleicht die Symptome der Krankheit lindern. 

Basierend auf dieser Schlussfolgerung behandelte Buteyko Tausende Patienten mit guten Ergebnissen und spezialisierte sich auf Asthmatiker. In den 1980er-Jahren nahmen die russischen Behörden die Buteyko-Methode in das Gesundheitssystem auf.

Aber ist die Methode wirklich wirksam oder handelt es sich nur um eine weitere alternative Therapie, deren Ergebnisse auf den Placebo-Effekt zurückgehen? Beides. Obwohl ihr Erfinder behauptete, dass die Kontrolle der Atmung mehr als 100 Krankheiten heilen kann, gibt es bislang nur ernsthafte Studien mit Asthma-Patienten, in denen ihre Wirksamkeit nachgewiesen wurde (Review, Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV). Ferner scheint die Buteyko-Methode auch die Schlafapnoe zu verbessern (mehr Details).

Asthmakontrolle in der Buteyko-Gruppe (blau) gegenüber der Kontrollgruppe (rot). Quelle: Sciencedirect (Klick auf das Schaubild)

Ungeachtet der spärlichen wissenschaftlichen Beweise für die Wirksamkeit bei anderen Krankheiten sind viele von Buteykos Prinzipien solide. Eine Möglichkeit, deine Atmung zu verbessern, ist der „Control Pause Test“.

Atemtest oder „Control Pause Test“

Dieser Test ermöglicht es uns, mittelfristig eine größere CO₂-Toleranz zu entwickeln und die Hyperventilation zu reduzieren. Die Ergebnisse bewerten unsere Fortschritte. Hier die Anleitung:

  1. Setze dich aufrecht hin, ohne die Beine zu überkreuzen.
  2. Atme normal durch die Nase ein (nicht tief). Du solltest nur dein Zwerchfell aktivieren, ohne deinen Brustkorb zu dehnen oder deine Schultern zu bewegen. Atme nun aus und halte dir dabei die Nase zu, um die Luftzufuhr zu blockieren.
  3. Starte einen Timer und halte den Atem an, bis du ein deutliches Bedürfnis zu atmen spürst.
  4. Halte den Timer an und atme normal ein. Wenn du jetzt tief einatmen musst, hast du den Atem vorher zu lange angehalten. Denke daran, dass es nicht darum geht, die Luft so lange wie möglich anzuhalten (besonders nicht, wenn du einen erhöhten Blutdruck hast). 

Grafisch würde das ungefähr so aussehen wie in der folgenden Abbildung: Du atmest sanft ein und aus, bevor du den Atem anhältst, und kehrst am Ende zur normalen Atmung zurück (mehr Details).

Adaption aus dem Buch 'Erfolgsfaktor Sauerstoff' von Patrick McKeown

Die Zeit, die du bequem den Atem anhältst, wird als Kontrollpause bezeichnet und gibt dir einen Eindruck von der Gesundheit deiner Atmung:

  • Unter 10 Sekunden: sehr schlecht.
    Das deutet auf erhebliche Atembeschwerden und eine niedrige Belastungstoleranz hin. Wahrscheinlich liegt eine chronische Krankheit vor.
  • 10–20 Sekunden: schlecht.
    Du solltest deinen Atem im Blick behalten und etwas unternehmen, um den Wert zu verbessern.
  • 20–40 Sekunden: normale Atmungsfunktion. 
    Es gibt dennoch Raum für Verbesserungen. Die meisten Menschen liegen in diesem Bereich.
  • 40–60 Sekunden: gute Atemfunktion.
    Mit einem Ergebnis in diesem Bereich geht ein verringertes Krankheitsrisiko und eine gute sportliche Leistungsfähigkeit einher.

In dieser Studie verbesserten sich etwa die Symptome von Menschen mit Asthma, als sie es (durch gezieltes Training) schafften, ihre Kontrollpause von 13 auf 22 Sekunden zu verlängern. 

Verbesserung des Pausenkontrolltests bei Asthmatikern (blau).

Atmung und sportliche Leistung

In vielen Sportarten ist der limitierende Faktor nicht die Muskulatur, sondern die Lunge. Die VO2max ist die maximale Sauerstoffmenge, die der Körper verarbeiten kann, und ist ein wichtiger Indikator, der sowohl durch klassisches aerobes als auch durch HIIT-Training verbessert werden kann.

Bei fortgeschrittenen Mittel- und Langstreckenläufern mit ähnlichen VO2max-Werten gibt es jedoch noch einen anderen, wichtigeren Parameter für die Leistungsvorhersage: die Laufökonomie. Sie ist definiert als Sauerstoffverbrauch bei submaximaler Geschwindigkeit, ähnlich dem Durchschnitt eines Wettkampfs. 

Eine Verbesserung der Lauftechnik, Krafttraining und die Nutzung von Hypoxie-Strategien können diesen Indikator verbessern (Studie), aber auch der Einsatz von Atemtechniken (Studie) kann helfen. Es gibt einen Grund, warum die besten Athleten eine höhere Toleranz gegenüber CO₂ haben (Studie I, Studie II, Studie III).

Emil Zátopek, die „tschechische Lokomotive“, vierfacher Goldmedaillengewinner bei den Olympischen Spielen, praktizierte – lange, bevor die Vorteile dieser Methode bekannt waren – das Anhalten des Atems und konnte dadurch die körpereigene Produktion des Hormons EPO erhöhen (Studie).

Emil Zátopek (Wikimedia Commons; Direkter Link: Klick auf das Foto))

Kurz gesagt: Je mehr du beim Training durch die Nase atmen kannst, desto besser. Bei maximaler Anstrengung wirst du das Bedürfnis verspüren, den Mund zu öffnen. Versuche dem, so lange wie möglich, zu widerstehen. Laut einer aktuellen Studie gibt es keinen Kraft- oder Leistungsabfall, wenn du nur durch die Nase atmest. Wenn du mir nicht glaubst, frag bei den Tarahumara nach, die berühmten Ultradistanzläufer aus Mexiko, die im Buch „Born to Run“ von Christopher McDougall verewigt wurden. Sie atmen beim Laufen immer durch die Nase.

Wie immer gibt es aber auch Ausnahmen:

  1. Wenn du daran gewöhnt bist, durch den Mund zu atmen, oder wenn du anatomische Hindernisse hast, wird sich deine Leistung verringern, wenn du plötzlich auf die  Nasenatmung umstellst.
  2. Bei maximaler Anstrengung (sozusagen der „Turbo“ in deinem Körper) ist es normal, auch durch den Mund zu atmen. 

Je mehr du die Nasenatmung bei alltäglichen Aufgaben übst, desto leichter wird es dir fallen, sie auch im Training einzusetzen. Wenn du in Ruhe schlecht atmest, wirst du auch bei Anstrengung schlecht atmen.

Atmung und Erholung

Wer nachts durch den Mund atmet, erhöht das Risiko von Schnarchen und Schlafapnoe (Studie I, Studie II) und schädigt zudem die Mundgesundheit (Studie). Eine Möglichkeit, diese Risiken zu verringern, ist, auf der Seite zu schlafen (Studie, mehr Details) oder durch die Nase zu atmen.

Es gibt nur ein Problem: Du kannst im Schlaf schlecht auf deine Atmung achten. Aber es gibt eine Lösung: besorge dir ein Mundpflaster

Die Meinungen gehen zwar auseinander, aber viele Menschen konnten ihre Symptome verbessern, indem sie ein hypoallergenes Pflaster verwendeten, und mindestens eine Studie bestätigt die Wirksamkeit.

Wenn du eine Nasenobstruktion oder Nasenatmungsbehinderung bemerkst, versuche es mit Streifen wie Breathe Right (Studie I, Studie II).

Wenn du tagsüber konsequent Atemübungen machst, wird sich auch die nächtliche Atmung verbessern, ohne dass du ein Pflaster benötigst.

Zusammenfassung

Vielleicht waren wir in diesem Artikel an einigen Stellen zu technisch, aber das Fazit ist dafür denkbar einfach: Atme durch deine Nase. So wie du dich auf dein Training und deine Ernährung konzentrierst, solltest du auch auf deine Atmung achten. Deine Gesundheit und deine Mitochondrien werden es dir danken.

Gute Bücher zum Thema

Titelfoto von Eli DeFaria 

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