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Warm-Up vor dem Training: Das RAMP Protokoll

Im Folgenden sehen wir uns die Vorteile eines guten Aufwärmprogramms an und stellen dir das sogenannte RAMP Protokoll näher vor. 

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Generell gesprochen, ist Stretching vor dem Training nicht empfehlenswert. Statisches Dehnen reduziert das Verletzungsrisiko nicht (siehe Studie) und beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit, insbesondere bei der Anwendung von Kraft (Studie). Kurz gesagt: Es ist nicht sinnvoll, Muskeln zu dehnen, die später kontrahiert werden.

Dennoch ist es sinnvoll und hilfreich, sich vor dem Training aufzuwärmen

Das Aufwärmen erleichtert den Übergang zwischen dem Ruhe- und Aktionszustand. Das Warm-up bereitet deinen Körper und Geist auf die anstehende Aufgabe vor. 

Die Vorteile des Aufwärmens

Das Aufwärmen hat drei große Vorteile: 

1) Reduzierung des Verletzungsrisikos

Verletzungen haben viele Ursachen. Daher ist es nicht leicht abzuschätzen, inwieweit sie durch ein Aufwärmprogramm verhindert werden können.

Die meisten Studien zeigen jedoch, dass das Aufwärmen das Verletzungsrisiko verringert (Studie, Untersuchung).

Dieser Schutzeffekt wird anscheinend auf verschiedenen Wegen erreicht: Der viskose Widerstand der Muskulatur wird reduziert, die Gelenke geschmiert und der Bewegungsumfang erhöht (Studie).

2) Verbesserung der Leistung

Laut dieser Metaanalyse verbesserte das Aufwärmen knapp 80 % aller getesteten Leistungsindikatoren.

In dieser Studie konnte die Gruppe, welche sich vorher aufgewärmt hatte, ihr Maximalgewicht (1RM = One-Repetition-Maximum) an der Beinpresse immerhin um 3 % steigern.

Die gleichen Mechanismen, die das Verletzungsrisiko reduzieren, verbessern auch die Leistung: bessere Durchblutung der Muskeln, weniger Widerstand der Muskulatur und eine größere Bewegungsamplitude. 

Einige Vorteile resultieren einfach aus der gestiegenen Körpertemperatur:

  • Muskeln kontrahieren bei höheren Temperaturen stärker und entspannen sich nach der Belastung schneller (Studie).
  • Nervensignale werden schneller und Stoffwechselreaktionen beschleunigen sich (mehr Details).

Besonders das sogenannte passive Aufwärmen hat sich als wirksam erwiesen (Studie). Hierbei wird die Körpertemperatur durch äußere Mechanismen wie heißes Wasser, einen Saunagang oder die Heizung erhöht.

Solltest du mit dem Auto ins Fitnessstudio fahren und wenig Zeit zum Training haben, kann es also schon helfen, die Heizung ordentlich aufzudrehen. 

Aber auch das aktive Aufwärmen mit bestimmten Übungen hat spezifische Vorteile, wie wir noch sehen werden. Schließlich hilft die Bewegung auch dabei, den Geist auf die körperlichen Aufgaben einzustimmen

3) Unterstützung der Regeneration

Der Muskelkater oder der verzögert einsetzende Muskelschmerz hat eine physiologische und eine neuronale Komponente.

Ein gutes Warm-up kann beides beeinflussen und die Erholung stärker fördern als das sogenannte Cool-Down oder Post-Workout-Cool-Down (Studie I, Studie II).

Die Struktur des Aufwärmens

Das Aufwärmen wurde traditionell in zwei große Blöcke unterteilt: einen allgemeinen und einen spezifischen Teil.

Das allgemeine Warm-up aktiviert den Körper ganzheitlich, während das spezifische Aufwärmprogramm darauf abzielt, das unmittelbar anschließende Training (z. B. einer bestimmten Körperregion) konkret vorzubereiten. 

Die Kombination beider Methoden liefert bessere Ergebnisse als die Fokussierung auf ein allgemeines oder spezifisches Warm-up (siehe Studie). 

Seit einiger Zeit wird das sog. RAMP-Aufwärmprotokoll empfohlen. RAMP steht für Raise, Activate, Mobilize und Potentiate.

Das RAMP Protokoll

Das Protokoll (mehr Details dazu unter diesem Link) besteht aus verschiedenen Übungen, die dazu beitragen, die folgenden Ziele zu erreichen:  

  • Erhöhung der Körpertemperatur (→ Raise)
  • Aktivierung und Mobilisierung der Muskeln und Gelenke (→ Activate & Mobilize) 
  • Verbesserung der Leistung (→ Potentiate)

R = RaIse (Erhöhung der Körpertemperatur)

Zunächst gilt es, die Körpertemperatur und die Herzfrequenz für ein paar Minuten durch aerobe Übungen zu erhöhen.

Ideal sind Aktivitäten mit geringer Intensität wie z. B. auf der Stelle laufen, rudern, hüpfen …

Wenn du genug Platz hast, versuche dich in verschiedene Richtungen zu bewegen: vorwärts, rückwärts, seitwärts …

Ziel ist es, leicht ins Schwitzen zu kommen, ohne dabei zu ermüden. 

A = Activate (Aktivierung der Muskulatur)

Das Ziel des zweiten Teils ist es, etwas mehr Muskelspannung aufzubauen, indem grundlegende Bewegungsmuster wiederholt werden.

Wir können allgemeine Übungen durchführen und Übungen, die darauf abzielen, diejenigen Muskeln zu stimulieren, die wir später noch intensiv trainieren werden.

Wenn du etwa die Gesäßmuskulatur auf dem Trainingsprogramm hast, kannst du vorher Frog Pumps oder Gesäßbrücken / Glute Bridges ohne Gewicht einbauen, zum Beispiel jeweils 15–20 Wiederholungen (siehe Studie).

Das Aufwärmprogramm eignet sich auch gut dafür, einige Wiederholungen (ohne Gewicht) der Grundübungen wie Kniebeugen und Ausfallschritte zu integrieren.

M = Mobilize (Mobilisierung der Gelenke)

In diesem Block geht es um Mobilität und darum, unsere Hauptgelenke auf dynamische Weise den vollen Bewegungsumfang zu ermöglichen.

Hierfür kommen unter anderem Beinschwünge oder Mobilitätsübungen für die Hüfte oder Schulter infrage.

Solltest du eine besonders verspannte Stelle bemerken, kannst du diese auch mit einer Schaumstoffrolle massieren. Hierbei wird deine Bewegungsfreiheit verbessert, ganz ohne die negativen Auswirkungen des statischen Dehnens (siehe Studie).

In der Praxis können die Blöcke Aktivierung und Mobilisierung mit den gleichen Übungen durchgeführt werden. Hierbei wird versucht, den Bewegungsumfang allmählich zu erhöhen.

P = Potentiate (Steigerung der leistung)

Der letzte Teil des Warm-Ups sollte nun sowohl hinsichtlich der Übungen und Intensität bereits dem anstehenden Workout ähneln.

Die allmähliche Erhöhung der Intensität verbessert gleichzeitig die Leistung und verringert das Verletzungsrisiko.

Wenn du Kreuzheben trainierst, kannst du die folgende Annäherungsserie vorab hinzufügen:  

  • Ein oder zwei Sätze mit jeweils 5–10 Wiederholungen nur mit der Langhantel ohne Gewicht. Danach ca. 30 Sekunden ausruhen.
  • Einen Satz à fünf Wiederholungen mit 40–50 % des maximalen Gewichts, welches du später im Training bewegen wirst. Danach ca. 30 Sekunden ausruhen.
  • Einen Satz à 3–4 Wiederholungen mit 60 % des maximalen Gewichts, welches du später im Training bewegen wirst. Danach ca. 1 Minute ausruhen.
  • Einen Satz à zwei Wiederholungen mit 80–85 % des maximalen Gewichts, welches du später im Training bewegen wirst.

Nach diesen Aufwärmsätzen ruhst du dich ein paar Minuten aus und beginnst anschließend mit deinem eigentlichen Training. 

Bei den folgenden Übungen für dieselbe Muskelgruppe kannst du die Aufwärmsätze im Umfang dann etwas reduzieren.

Das erneute Aufwärmen

Bei Sportarten, in denen es eine längere Pause gibt, scheint bereits ein kurzes Aufwärmen vor der zweiten Halbzeit einen positiven Effekt zu haben (Meta-Analyse, Studie I, Studie II, Studie III).

Diese Studie zum Beispiel verglich die Wirkung drei verschiedener Ansätze bzw. Protokolle während der Pause zwischen zwei Trainingsblöcken:

  • Passive Erholung: Einfach sitzen bleiben.
  • Aktive Erholung mit niedriger Intensität: Auf einem stationären Fahrrad mit 30 % VO2max in die Pedale treten.
  • Aktive Erholung mit mittlerer Intensität: Auf einem stationären Fahrrad mit 60 % VO2max in die Pedale treten.

Das Ergebnis war, dass die Personen, die das Warm-up durchführten, ihre Leistung im zweiten Trainingsteil verbessern konnten. Dabei gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen denen, die sich mit niedriger oder mittlerer Intensität aufwärmten. 

Du musst dich in der Pause also nicht wirklich anstrengen, solltest aber im Idealfall auch nicht stillsitzen oder stehen, bevor es weitergeht. 

Viele Menschen verbringen viel Lebenszeit im Sitzen. Es ist daher ratsam, einen guten Übergang zwischen unserem Normalzustand, der Inaktivität, und einer intensiven körperlichen Betätigung einzubauen.

Du musst für ein gutes Aufwärmprogramm nicht viel Zeit einplanen. Zwischen 5 und 10 Minuten reichen bereits aus, um alle Vorteile zu aktivieren. Ein Warm-Up sollte dich optimal  vorbereiten aber nicht ermüden.

Ein gutes Aufwärmen steigert deine Trainingsleistung. Wenn du es gut strukturierst, verbessert es darüber hinaus auch deine Bewegungsqualität und deine grundlegenden körperlichen Fähigkeiten.

Im Laufe der Zeit werden dann deine aktuellen Trainingseinheiten zu deinen zukünftigen Aufwärmübungen 🙂

Titelbild von Craig Lovelidge / Unsplash

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