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Earthing: Kein Hokuspokus

Im heutigen Artikel geht es um das sogenannte Earthing (was auch als Grounding, Greenfooting, Erdung oder Erden bekannt ist) und darum, welche Vorteile die Wiederverbindung mit der Natur für uns und unsere Gesundheit haben kann. 

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„Wir wissen immer noch nicht ein Tausendstel eines Prozents von dem, was die Natur für uns bereithält.“

Für nahezu unsere gesamte Menschheitsgeschichte gingen wir barfuß und unser Körper war immer in direkten Kontakt zur Erde. 

Heute tragen wir meistens Schuhe, gehen auf Asphalt und leben in Wohnungen mit Klimaanlagen. Wir haben uns buchstäblich von der Erde getrennt.

Die Theorie des Earthing

Die Erdoberfläche (oder die Natur im Allgemeinen) ist ein großes elektrisches Netzwerk mit einer leicht negativen Ladung (mehr Details). Wenn unsere Haut mit der Erdoberfläche in Kontakt kommt, nehmen wir Elektronen auf, die uns zum Beispiel helfen können, freie Radikale zu neutralisieren (mehr Details I, mehr Details II).

Quelle: NCBI

Zwar gibt es Zweifel daran, dass diese Erklärung physiologisch korrekt ist (mehr Details), aber nicht vollständig zu verstehen, wie etwas funktioniert, bedeutet nicht, dass wir die positiven Effekte nicht für uns nutzen sollten.

Beginnen wir damit, uns die Beweise für das Earthing näher anzusehen (Review). 

Was sagt die Wissenschaft?

Obwohl es bisher nicht viele Studien zum Thema Earthing bzw. Grounding gibt, sind die ersten Ergebnisse vielversprechend: 

  • Die Blutviskosität (Studie I, Studie II) wird reduziert – ein Risikofaktor bei der Entstehung von Arteriosklerose (mehr Details).
  • Entzündungen und Schmerzen werden abgemildert und unsere Immunantwort verbessert sich (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV).
  • Bei Sportlern reduzieren sich Muskelschäden und die Erholung wird beschleunigt (Studie I, Studie II, Studie III).
  • Das vegetative Nervensystem wird reguliert und die Herzfrequenzvariabilität verbessert sich (Studie).
  • Die Stimmung verbessert sich (Studie).
  • Verschiedene physiologische Prozesse regulieren sich, so etwa die Glukosekontrolle bei Diabetikern (Studie) oder der Blutdruck (Studie).
  • Die elektrische Aktivität des Gehirns wird angeregt (Studie).
  • Der Schlaf verbessert sich und der nächtliche Cortisolspiegel sinkt (Studie).
Cortisollevel bei verschiedenen Probanden vor und nach der Anwendung von Earthing. Quelle: Die biologischen Auswirkungen der Erdung des menschlichen Körpers während des Schlafs

Sehen wir uns im Folgenden einige Ideen an, wie wir uns wieder mehr mit der Erde verbinden und diese Vorteile für uns nutzen können. 

1. Barfuß gehen

Der einfachste und direkteste Weg, in den Genuss der Vorteile des Earthing zu kommen, besteht darin, die Schuhe auszuziehen und barfuß zu gehen.

Sandalen, Flip-Flops oder minimalistisches Schuhwerk bringen uns in diesem Zusammenhang nichts. Die Haut muss Bodenkontakt haben. Gehe also möglichst häufig barfuß in den Garten, den Park oder allgemein dorthin, wo du direkten Kontakt zur Erde hast. Wenn du auf dem Boden liegst, erhöhst du die Kontaktfläche und den potenziellen Nutzen zusätzlich. 

Barfuss sein kann so schön sein

Auch der Strand ist ein toller Ort, um barfuß zu laufen, ohne gleichzeitig viele fremde Blicke auf sich zu ziehen. Und wenn du schon mal da bist …

2. Baden in der Natur

Das Meer ist eine ausgezeichnete Elektronenquelle, aber auch Flüsse, Seen oder heiße Quellen sind ausgezeichnete Alternativen. Wenn du vollständig unter Wasser bist, ist deine Haut viel mehr der Natur ausgesetzt.

Die Anziehungskraft, die große Gewässer auf uns haben, ist kein Zufall. Die Wiederaufladung von Elektronen könnte zumindest teilweise die entspannende Wirkung eines Naturbads erklären. 

3. „Grounding-Equipment“

Leider bietet unser modernes Leben nur wenige Möglichkeiten, sich mehr mit der Natur zu verbinden, aber die Technologie bietet Alternativen.

Viele Anbieter bieten Stoffe an, die die Erdoberfläche simulieren (Beispiel).

Es gibt Bettlaken oder Matten, mit denen du die Vorteile der terrestrischen Verbindung nutzen kannst, während du schläfst oder arbeitest.

Allerdings können die technischen Hilfsmittel nicht alle Vorteile einer echten Verbindung zur Natur ersetzen.

Natur und Vitamin "N"- Mangel

Im Jahr 1982 startete die japanische Forstbehörde ihr Programm namens shinrin yoku, was mit Waldbaden übersetzt werden kann. Die ersten Studien zeigten, dass ein 40-minütiger Spaziergang durch den Wald zu einer stärkeren Reduzierung des Stressniveaus und Aktivierung von Alphawellen im Gehirn führt als ein ebenso langer Spaziergang durch die Stadt. Nachfolgende Untersuchungen bestätigten diese Ergebnisse und zeigten, dass die Natur die positiven Auswirkungen körperlicher Aktivität noch verstärkt. Erste Erklärungen konzentrierten sich auf den Einfluss der Natur auf unseren körpereigenen Bedrohungsscanner: die Amygdala.

„Im Wald gibt es kein WLAN und trotzdem hast du hier die beste Verbindung.“

Die Amygdala befindet sich im ältesten Teil unseres Gehirns. Wir haben sie mit primitiveren Tieren gemeinsam. Sie überwacht ständig die Umgebung und bereitet uns darauf vor, auf jede mögliche Gefahr schnell zu reagieren. Das passiert lange, bevor der rationale Teil unseres Gehirns entscheidet, was zu tun ist.

Unser modernes Leben hält uns ständig auf Trab. Zwar reagiert die Amygdala in der Großstadt nicht ständig, weil sie meist keine unmittelbare Gefahr wittert. Gleichzeitig ist sie aber auch nicht vollständig entspannt. Ohne es zu merken, befinden wir uns in einem permanenten Zustand leichter Anspannung. Das könnte das um bis zu 40 % höhere Risiko für Depressionen und Angstzustände erklären von Menschen in Städten gegenüber Menschen, die in ländlicher Umgebung leben. 

Bäume und Pflanzen setzen flüchtige Substanzen, die sogenannte Phytonzide, frei, die wir über unseren Geruchssinn aufnehmen. Erreichen sie das Gehirn, bewirken sie einen sofortigen Abbau von Stresshormonen und erhöhen gleichzeitig die Konzentration von NK-Zellen (= natürliche Killerzellen) im Blut, einer Untergruppe weißer Blutzellen oder Leukozyten, die Infektionen vorbeugen und Krebszellen angreifen. Nach einem zweistündigen Waldspaziergang steigt die Konzentration dieser Schutzzellen um mehr als 35 %. Selbst einen Monat später ist noch eine Erhöhung von 15 % sichtbar. Japanischen Forschern ist es gelungen, viele dieser Natur-Parfums zu isolieren und ihren Effekt auf Versuchspersonen im Labor nachzubilden. 

Schließlich zeigen mehrere Studien, dass Natur-Geräusche wie das Zwitschern von Vögeln oder das Rauschen von Bächen Gehirnveränderungen hervorrufen, die auf einen Entspannungszustand hinweisen. Moderne Geräusche wie das Dröhnen von Autos oder Flugzeugen können bei gleichen Dezibelwerten den gegenteiligen Effekt hervorrufen.

Kurz zusammengefasst: Wir Menschen haben uns in einer wilden Umgebung entwickelt, und unsere Gene profitieren davon, wenn wir uns wieder häufiger mit unserem natürlichen Lebensraum – unserem ursprünglichen Zuhause – verbinden.

Wir leiden an Vitamin N Mangel, N wie Natur. Wir brauchen besonders in den Städten mehr Bäume und weniger Asphalt, mehr Gras und weniger Einkaufszentren und mehr Pflanzen und weniger Bildschirme.

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