Heute erfährst du, warum das Alter keine Ausrede ist und warum viele häufig erzählte Geschichten und Anekdoten rund um die Themen Alter & Training, Alter & Sport und Alter & Muskeln entweder nicht stimmen oder viel mehr Nuancen haben.
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Wie oft hast du schon Sprüche wie die folgenden über das Älterwerden gehört?
- „Man wird dicker, wenn man das gleiche Essen isst.“
- „Es fällt viel schwerer, Muskelmasse aufzubauen.“
- „Du kannst nicht mehr so gut und schnell regenerieren wie früher.“
- …
Sehen wir uns die Durchschnittsdaten an, ist an diesen Überzeugungen etwas Wahres dran. In jedem Jahrzehnt nach dem dreißigsten Lebensjahr verlieren wir im Durchschnitt 5 % Muskelmasse, 10 % Testosteron und auch Knochenmasse (mehr Details I, mehr Details II, mehr Details III). Wir nehmen an Fett zu und verlieren an Leistungsfähigkeit des Herzens (Studie I, Studie II).
Natürlich spielt das Altern eine Rolle bei diesem körperlichen Abbau. Die Rolle ist aber viel kleiner, als man denkt.
Wie wir in diesem Artikel sehen werden, kommt der alte Spruch, dass wir nicht aufhören zu trainieren, weil wir älter werden, sondern dass wir älter werden, weil wir aufhören zu trainieren, der Wahrheit sehr nahe.
Stoffwechsel und Lebensalter
Kürzlich wurde die bisher größte Studie über die Entwicklung des Stoffwechsels im Alter veröffentlicht. Die allgemeine Schlussfolgerung lautet, dass der Grundumsatz im Alter zwischen 20 und 60 Jahren unter Berücksichtigung der fettfreien Masse etwa gleich bleibt.
Ab dem 60. Lebensjahr verlangsamt sich der Stoffwechsel deutlich, in den meisten Fällen jedoch nicht vorher. Von einigen Ausnahmen abgesehen ist es daher keine gute Ausrede, den langsamen Stoffwechsel für die Gewichtszunahme verantwortlich zu machen.
Muskelaufbau im Alter
Ein weiterer weitverbreiteter Glaube ist, dass es schwierig ist, mit zunehmendem Alter noch an Muskelmasse zuzulegen, doch auch das ist nicht wahr.
In dieser Studie wurden beispielsweise bei Personen unterschiedlichen Alters, die das gleiche Training absolvierten, keine Unterschiede beim Muskelaufbau festgestellt. Erwachsene im Alter von 30–39 Jahren konnten ihre Muskelmasse genauso steigern wie Jugendliche im Alter von 18–19 Jahren.
Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass das Alter die körperliche Reaktion auf das Krafttraining nicht einschränkt, zumindest nicht bis zum Alter von 39 Jahren.
Aber was ist mit der Zeit nach 40? Ist das wirklich das Ende der Jugend für unsere Muskeln?
Zum Glück nicht.
In einer Studie wurde die Quantität und Qualität des Muskelgewebes von Sportlern im Alter von 40 bis 81 Jahren untersucht und es wurde kein Zusammenhang zwischen Muskelgröße und Alter festgestellt.
Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die Ergebnisse der weitverbreiteten Meinung widersprechen, dass Muskeln und Kraft mit dem Alter abnehmen. „Im Gegenteil“, heißt es, „diese Verringerungen scheinen eher die Folge von chronischer Inaktivität als von zunehmenden Alter zu sein“.
In der folgenden Abbildung wird die Muskelmasse (im Oberschenkel) eines 40-jährigen Sportlers mit der eines 70-jährigen Sportlers verglichen. Die Unterschiede sind gering. Die Abbildung unten zeigt jedoch den starken Muskelverlust (bei gleichzeitiger Fettzunahme) bei einer 74-jährigen Person, die keinen Sport mehr ausübt und viel Zeit im Sitzen verbringt.
Viele andere Studien – sowohl bei Männern als auch bei Frauen – zeigen ebenfalls keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Zunahme der Muskelmasse bei jungen Menschen in ihren 20ern im Vergleich zu älteren Erwachsenen über 60 (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV).
Und es gibt keine Altersgrenze, ab der es unmöglich ist, an Muskelmasse zuzulegen. Wir können sogar auch nach dem 90. Lebensjahr noch Kraft und Muskeln aufbauen (Studie).
Das heißt nicht, dass es nicht etwas schwieriger wäre, mit zunehmendem Alter Muskeln aufzubauen, aber die Unterschiede sind viel geringer, als die meisten Leute denken (Meta-Analyse).
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass wir viel mehr Muskeln verlieren, wenn wir sie nicht mehr benutzen, als wenn wir älter werden.
Regeneration und Lebensalter
Wie wir bereits gesehen haben, gibt es kaum Unterschiede in der Reaktion auf Krafttraining zwischen jungen und alten Menschen. Aber ist es möglich, dass wir mit zunehmendem Alter die Fähigkeit zur Regeneration verlieren?
Offenbar nicht.
In dieser Studie wurden die Ergebnisse verschiedener mit der Erholung verbundener Messgrößen bei einer Gruppe junger Männer (18–30 Jahre) mit denen einer Gruppe älterer Teilnehmer (40–59 Jahre) verglichen.
In den zwei Tagen nach einem harten Krafttraining wurden keine relevanten Unterschiede bei verschiedenen Markern für Muskelschäden, Entzündungen oder Muskelkater festgestellt. Ältere Menschen erholten sich genauso leicht wie jüngere.
Und was ist mit Frauen? Hier gilt das Gleiche.
In dieser Studie wurden beispielsweise auch verschiedene Erholungsmarker bei Frauen in den Wechseljahren (und bei Frauen über 40 Jahren) mit jungen Frauen ohne Amenorrhoe (20–40 Jahre alt) verglichen.
Die Schlussfolgerung war, dass weder das Alter noch die Menopause die Erholung nach dem Krafttraining zu beeinträchtigen scheinen.
Immunsystem und Training
Das Altern wirkt sich auf unseren gesamten Körper aus. Auch das Immunsystem ist davon nicht ausgenommen.
Aber auch hier gilt, dass dieser Abbau eher auf Inaktivität als auf das Alter zurückzuführen ist (mehr Details I, mehr Details II).
In dieser Studie wurde die Immunfunktion von 125 Amateurradfahrern im Alter von 55 bis 79 Jahren untersucht. Anschließend wurden sie mit einer Gruppe Nichtsportler oder sesshafter Menschen desselben Alters und einer Gruppe junger Menschen im Alter von 20 bis 36 Jahren verglichen.
Obwohl das Alter seinen Tribut fordert, waren viele Funktionen des Immunsystems bei den älteren Sportlern, denen der jüngeren Menschen ähnlicher. Ihre Thymusdrüsen setzen zum Beispiel etwa gleich viele T-Zellen frei wie bei jüngeren Menschen.
Ähnliche Studien zeigen, dass ältere Menschen, die sich sportlich betätigen, besser gegen Infektionen geschützt sind (Studie I, Studie II), und schon wenige Wochen Training ausreichen, um Verbesserungen des Immunsystems zu erzielen (Studie).
Zusammenfassung und erste Schritte
All das bedeutet aber nicht, dass das Alter keine Rolle spielt oder unsere allgemeine Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter nicht etwas abnimmt. Aber wir haben viel mehr Kontrolle über diesen Prozess, als wir denken.
Wenn wir Statistiken über die Folgen des Alterns sehen, dürfen wir nicht vergessen, dass es sich dabei nur um Durchschnittswerte handelt, und der beste Weg, das Schicksal der Durchschnittsperson zu vermeiden, ist zu trainieren.
Körperliche Inaktivität und mangelndes Krafttraining haben einen größeren Einfluss auf den Muskelabbau wie das Alter.
Je früher man damit beginnt, desto besser, aber es ist nie zu spät. Wenn du mit über 50 mit dem Training beginnst, kannst du mehr Kraft und Muskelmasse aufbauen als in deinen 30ern. Unabhängig von deiner aktuellen Situation wirst du in ein paar Jahren froh sein, dass du noch heute mit dem Training angefangen hast.
Titelbild: Foto von Matt Bennett auf Unsplash
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