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Gesundheitsboost Kälte: Die Vorteile für Körper und Geist

Im heutigen Artikel erfährst du, warum es sich lohnt, mehr Kälte in dein Leben zu lassen. Wer weiß, vielleicht wird die Kälte ja sogar zu einer guten Freundin von dir! 😊

Es ist erstaunlich, wie kurz die Zeitspanne ist, in der warmes Wasser in unseren Häusern zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Unsere Vorfahren – es sei denn, sie lebten zufällig in der Nähe einer heißen Quelle – waren auf die natürliche Art des Badens angewiesen: oft kühl und erfrischend. Und genau diese Menschen eroberten am Ende der letzten Eiszeit weite Teile unseres Planeten. Ihre Gene haben sich durch die damals herrschenden Widrigkeiten gestählt und angepasst. Doch durch unseren heutigen Komfort haben wir diese natürliche Widerstandsfähigkeit Stück für Stück eingebüßt.

„Over time, we as humans have developed a different attitude towards nature, and we've forgotten about our inner power.“

Wärmere Wohnungen, Dickere Körper

Die gängige Erklärung für die aktuelle Adipositasepidemie lautet: Wir essen zu viel und bewegen uns zu wenig. Das ist zwar richtig, greift aber zu kurz – es gibt weitere wichtige Faktoren, die oft übersehen werden.

Früher benötigte der Mensch viel Energie, um sich vor den Elementen zu schützen. Doch dann kam die Zentralheizung. Sie hat uns zweifellos mehr Komfort gebracht, aber uns gleichzeitig von einer alten Verbündeten entfremdet: der Kälte.

Innerhalb weniger Jahrzehnte ist die Durchschnittstemperatur in unseren Wohnungen und Häusern erheblich gestiegen (mehr Details). Unsere thermische Komfortzone ist heute viel enger gesteckt als in früheren Zeiten. Gleichzeitig hat unsere Fähigkeit, mit den Herausforderungen der Umwelt umzugehen, spürbar abgenommen.

Die Grafik zeigt, dass die durchschnittliche Raumtemperatur in Wohnräumen über die Jahre gestiegen ist und sich gleichzeitig der Temperaturbereich, in dem wir uns häufig aufhalten, zunehmend eingeengt hat.

Unsere konstante thermische Monotonie führt dazu, dass wir weniger Kalorien verbrennen. Zahlreiche Studien zeigen, dass genau diese ständige thermische Behaglichkeit eine weitere Ursache für die Volkskrankheit Übergewicht darstellt (Studie, Review I, Review II, Review III, Review IV, Review V).

Wie in einem aktuellen Bericht beschrieben, leben wir heute in einer „adipogenen thermischen Umgebung“. Das bedeutet, dass unsere Umgebung uns oft dazu veranlasst, Fett einzulagern, anstatt es zu verbrennen. Unsere Gesundheit könnte jedoch erheblich davon profitieren, wenn wir unsere Körpertemperatur gelegentlich bewusst senken. Im Folgenden erfährst du, welche Vorteile die Kälte für Körper und Geist mit sich bringt.

Besserer Stoffwechsel

Kälte hat faszinierende Effekte auf unseren Körper. Sie erhöht beispielsweise die Produktion von Adiponektin – einem Hormon, das in den Fettzellen gebildet wird und die Fettverbrennung ankurbelt (Studie I, Studie II). Ein niedriger Adiponektin-Spiegel wird häufig mit Insulinresistenz und Übergewicht in Verbindung gebracht (Studie, Review I, Review II). Umgekehrt ist eine erhöhte Konzentration dieses Hormons im Körper nicht nur gesundheitsförderlich, sondern auch mit einer längeren Lebensdauer assoziiert (Review, Studie).

Darüber hinaus regt Kälte den Stoffwechsel merklich an (Studie I, Studie II) und unterstützt die Fettverbrennung effektiv (Studie I, Studie II).

Ein wichtiger Teil dieses erhöhten Energieverbrauchs stammt aus dem braunen Fettgewebe, auch bekannt als braunes Fett (mehr Details). Im Gegensatz zum ungeliebten weißen Fett ist braunes Fett reich an Mitochondrien – den Kraftwerken unserer Zellen. Seine besondere Fähigkeit besteht darin, Kalorien direkt in Wärme umzuwandeln (mehr Details, Studie).

In unserer modernen Wohlstandsgesellschaft bleibt dieses braune Fett jedoch oft inaktiv, da es selten benötigt wird. Doch es gibt einen einfachen Auslöser, um es wieder zu aktivieren: Kälte.

Die Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen der mittleren Außentemperatur und der maximalen Aktivität des braunen Fettgewebes (BAT) bei Männern und Frauen. Die Aktivität nimmt bei höheren Außentemperaturen ab, wobei Frauen im Vergleich zu Männern eine höhere Prävalenz an BAT-Aktivität aufweisen. Quelle: Nejm.org

Babys besitzen eine beeindruckende Anpassung an die Kälte: Da sie nicht zittern können, verfügen sie über eine große Menge braunen Fetts, das sie vor Kälte schützt. Mit zunehmendem Alter verlieren wir jedoch einen Teil dieses braunen Fettgewebes. Dieser Verlust ist besonders ausgeprägt, wenn wir nie oder nur selten Kälte ausgesetzt sind – ein Umstand, der unser Risiko für Übergewicht und Fettleibigkeit erhöht (mehr Details).

Eine interessante Studie hat signifikante Unterschiede in der Menge des braunen Fettgewebes bei Erwachsenen aufgedeckt. Die Testpersonen wurden zwei Stunden lang einer kühlen Temperatur von 19 Grad Celsius ausgesetzt. Die Ergebnisse zeigen: Personen mit mehr braunem Fett verbrannten während des Versuchs rund 250 Kalorien mehr als diejenigen mit weniger braunem Fett.

Die Grafik zeigt, dass Personen mit aktivem braunem Fettgewebe (BAT) bei Kälte eine höhere Energieaufwendung und Thermogenese aufweisen als Personen ohne aktives BAT. Quelle: NCBI

Kälte ist das effektivste Mittel, um braunes Fett zu aktivieren – doch auch Bewegung scheint zumindest einen leichten Effekt zu haben (Review, Studie).

Neben der Stoffwechselanregung hat Kälte noch einen weiteren wichtigen Vorteil: Sie verbessert die Insulinempfindlichkeit, was entscheidend für eine gesunde Blutzuckerregulation ist (Studie).

Natürlich kann Kälte niemals die negativen Auswirkungen einer schlechten Ernährung oder mangelnder Bewegung ausgleichen. Aber sie kann ein wertvoller Faktor in einem ganzheitlichen Ansatz sein, den wir mehr in den Fokus rücken sollten (Studie I, Studie II, Review). 

Interessanterweise gibt es eine umgekehrte Beziehung zwischen der Aktivierung von braunem Fett und der Zunahme von weißem Fett (Studie). Allerdings ist unklar, wie genau diese Beziehung funktioniert. Nimmt weißes Fett zu, wenn braunes Fett nicht aktiviert wird? Oder reduziert eine Zunahme von weißem Fett die Aktivität des braunen Fetts? Beides scheint möglich. Doch eines steht fest: Die Aktivierung von braunem Fett unterstützt uns dabei, gesünder und widerstandsfähiger zu bleiben.

Je mehr weißes Fett, desto weniger braunes Fett. Quelle: neijm.org (Grafik anklicken)

Neuere Studien legen nahe, dass die Verbesserung des Stoffwechsels durch Kälteexposition eine vielversprechende Unterstützung in der Krebstherapie sein könnte (Studie I, Studie II).

Bessere Stimmung

Kälteexposition steigert die Spiegel von Noradrenalin, Dopamin und Beta-Endorphinen, was die Wachsamkeit und Aufmerksamkeit verbessert. Diese Effekte machen kaltes Duschen zu einer effektiven Unterstützung im Kampf gegen Depressionssymptome (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV).

Kälteexposition verbessert die Stimmung // Foto: Tobias Oetiker

Wie bei Hitze werden auch bei Kälte sogenannte Hitzeschockproteine freigesetzt. Eines der am besten untersuchten ist RBM3 (RNA Binding Motif Protein 3), das bei Tieren eine neuroprotektive Wirkung zeigt (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV). Ob dieser Effekt beim Menschen ähnlich ausgeprägt ist, ist bisher noch unklar. Dennoch wird Kälteexposition bereits als potenzielle Intervention bei Hirntraumata untersucht (mehr Details I, mehr Details II).

Bei Tieren ist eine hohe Konzentration dieser Proteine sogar mit einer Lebensverlängerung verbunden (Studie I, Studie II). Beim Menschen gibt es ermutigende Ergebnisse aus Beobachtungsstudien, die sich auf ähnliche Mechanismen konzentrieren – diese wurden vor allem in Saunen durchgeführt.

Reduzierung von Entzündungen

Niedriggradige systemische Entzündungen sind ein zentraler Faktor bei nahezu allen modernen chronischen Erkrankungen. Ihre Reduktion wird mit einer längeren Lebenserwartung in Verbindung gebracht (mehr Details).

Eine gezielte, vorübergehende Kälteexposition kann dazu beitragen, diese chronischen Entzündungen zu reduzieren (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV).

Interessanterweise könnten einige der positiven Effekte von Kältebehandlungen auf Depressionen ebenfalls auf eine Verringerung von entzündlichen Prozessen im Gehirn zurückzuführen sein (mehr Details).

Regulierung des Immunsystems

Auch unser Immunsystem scheint von regelmäßiger Kälteexposition deutlich zu profitieren:

  • Ein Bad bei 14 °C, dreimal pro Woche für jeweils eine Stunde, führte zu einer erhöhten Anzahl von Immunzellen (Studie). Ähnliche Effekte zeigten sich bei Temperaturen von 4 bis 5 °C, wenn die Exposition 1 bis 2 Stunden dauerte (Studie I, Studie II). 
  • Personen, die regelmäßig in kaltem Wasser schwimmen, weisen höhere Werte an Leukozyten und Monozyten auf – zwei wichtige Zelltypen für die Immunabwehr (Studie).
  • Zudem reduzierte das tägliche Duschen mit kaltem Wasser über 30 Tage die Fehlzeiten am Arbeitsplatz, was auf eine stärkere allgemeine Gesundheit schließen lässt (Studie).

Strategien, um die Kälte für sich zu nutzen

Im Winter musst du nicht gleich barfuß durch den Schnee laufen, aber es schadet nicht, der Kälte etwas mehr Raum in deinem Leben zu geben.

Zieh deine Jacke erst dann an, wenn du wirklich frierst. Und warum nicht zu Hause mal ein paar Stunden bei Temperaturen unter 19 °C verbringen? Für die meisten Menschen ist das noch gut auszuhalten, bietet aber bereits einen interessanten Kältereiz (Studie).

Um von den zahlreichen Vorteilen der Kälte zu profitieren, brauchst du keine chronische Kältebelastung, sondern gezielte Reize. Kaltes Duschen ist dafür ideal: Es ist ein kurzer, gezielter Kältereiz, den du gut kontrollieren kannst.

Starte ganz einfach, indem du deine Dusche mit 30 Sekunden kaltem Wasser beendest. Mit der Zeit kannst du sowohl die Dauer als auch die Kälte schrittweise steigern. Ein sinnvolles Ziel könnte sein, die Dusche mit zwei Minuten kaltem Wasser abzuschließenoder an heißen Sommertagen gleich komplett kalt zu duschen.

Aber natürlich geht nichts über ein Bad in der Natur! Wann immer du die Möglichkeit hast, in einem kalten See oder im Meer zu schwimmen, solltest du sie nutzen – die Kombination aus frischer Luft und kaltem Wasser ist unschlagbar.

Die richtige Temperatur

Schon das Eintauchen in 14 °C kaltes Wasser löst eine ausgeprägte hormonelle Reaktion im Körper aus (Studie). Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen bewegen sich in einem Temperaturbereich von 5 bis 15 °C.

Wie immer gilt: Gehe schrittweise vor. Starte mit Temperaturen, die zwar unangenehm, aber noch erträglich sind, und bleibe für 30–60 Sekunden im Wasser. Sobald du zu zittern beginnst, ist es Zeit aufzuhören – dein Körper hat dann bereits den gewünschten Reiz erhalten.

In den letzten Jahren hat die Kryotherapie an Beliebtheit gewonnen, bei der der Körper extremen Temperaturen unter –100 °C ausgesetzt wird. Doch „kälter“ bedeutet nicht automatisch „besser“. Studien zeigen, dass nach einer gewissen Anpassungszeit reines Wasser oft wirksamer ist als eine aufwändig inszenierte Kryotherapie (Studie I, Studie II).

Kryotherapie ist in den vergangen Jahren immer beliebter geworden // Foto: CryoBuilt Everest auf Unsplash

Kälte und Training

Kälte belebt uns und macht eine kalte Dusche zu einem perfekten Start in den Tag. Doch beim Krafttraining ist Vorsicht gebotenKälte kann hier zum zweischneidigen Schwert werden.

Während des Trainings steigt die Entzündung im Körper sowie der oxidative Stress (Studie I, Studie II). Dieser vorübergehende Anstieg ist jedoch nicht schädlich, sondern essenziell: Er setzt die Signale, die für Muskelanpassungen und -wachstum notwendig sind.

Kälte hingegen reduziert Entzündungen und steigert die antioxidative Kapazität des Körpers (Studie I, Studie II). Das ist im Alltag ein großer Vorteil – aber nicht unmittelbar nach dem Training oder bei der Regeneration nach einer Verletzung.

In einer Studie zeigte sich, dass Teilnehmer, die nach dem Training ein kaltes Bad (10 Minuten bei 10 °C) nahmen, weniger Muskelmasse aufbauten als die Vergleichsgruppe. Ähnliche Ergebnisse wurden auch in anderen Studien bestätigt (Studie I, Studie II, Studie III).

Wer nach dem Training in kaltes Wasser tauchte (CWI - Cold Water Immersion), baute weniger Muskelmasse auf. Quelle: physoc.onlinelibrary

Kälte kann auch die kurzfristige Erholung fördern (Review, Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV). Das ist besonders interessant, wenn es darum geht, sich für mehrere Wettkämpfe oder Disziplinen innerhalb kurzer Zeit fit zu halten (Studie). In solchen Fällen hat die schnelle Regeneration Vorrang vor den langfristigen muskulären Anpassungen.

Die Wirkung der Kälte hängt jedoch stark von der Art der körperlichen Aktivität ab. So aktiviert Kälte das Enzym AMPK, das eine Schlüsselrolle bei der Verbesserung der mitochondrialen Biogenese spielt (Studie I, Studie II). Dieser Effekt ist besonders für Ausdauersportarten relevant. Tatsächlich zeigten Studien bei Radfahrern, dass die Anwendung von Kälte nach dem Training zu einer spürbaren Leistungssteigerung führte (Studie I, Studie II).

Der psychologische Vorteil

Wie wir bereits gesehen haben, ist es nicht nur für unseren Körper, sondern auch für unseren Geist gesund, regelmäßig die eigene thermische Komfortzone zu verlassen.

In jedem von uns tobt ein ständiger Kampf zwischen dem Reiter und dem Elefanten. Der Reiter repräsentiert unsere rationale Seite, die langfristig denkt und das Richtige tun will. Der Elefant dagegen steht für unsere Emotionen und unser Streben nach Vergnügen und Bequemlichkeit. Der Reiter möchte Disziplin und Fortschritt, der Elefant sucht das Einfache und Bequeme.

Jedes Mal, wenn du dich dazu zwingst, etwas zu tun, das dir schwerfällt, stärkst du deinen Reiter. Und jedes Mal, wenn du der Bequemlichkeit nachgibst, gibst du dem Elefanten mehr Macht.

Der Reiter will das Richtige tun, der Elefant das Einfache.

Der Moment unter der Dusche, bevor du den Temperaturregler auf kalt drehst, ist eine perfekte Metapher für den inneren Kampf zwischen Reiter und Elefant. Dein Reiter weiß genau, wie gut du dich nach der kalten Dusche fühlen wirst. Doch dein Elefant – voller Angst vor der Kälte – möchte lieber den warmen, gemütlichen Weg wählen.

Dieser kurze Moment der Entscheidung ist wichtiger, als du vielleicht denkst. Die Disziplin, die du bei den kleinen Entscheidungen im Alltag zeigst, beeinflusst alle Bereiche deines Lebens.

Viktor Frankl hat es wunderbar ausgedrückt: „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegt unser Wachstum und unsere Freiheit.“

Links und Bücher zum Thema

Titelbild: Alessio Soggetti

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