Der Konsum von Koffein in Deutschland ist auf einem Rekordniveau. Im heutigen Artikel geht es um diese omnipräsente Substanz, die aus morgendlichen Zombies erst funktionierende Menschen macht und darum, wie sie uns bei der Leistungssteigerung und der Fettverbrennung behilflich sein kann.
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Koffein ist das Molekül, das die moderne Welt antreibt. Koffein steigert auch die Leistung. Tatsächlich ist es eines der wenigen Nahrungsergänzungsmittel, für die es sich lohnt, Geld auszugeben.
Die Hauptquelle des Koffeins ist Kaffee, der eigentlich als Lebensmittel betrachtet werden könnte. Die gesundheitlichen Vorteile von Kaffee sind durch zahlreiche Studien belegt (Meta-Analyse).
Heute befassen wir uns mit der Wirkung von Koffein auf die sportliche Leistung und die Fettverbrennung. Du erfährst, wie Koffein wirkt, welche Dosis empfohlen wird und wann die Einnahme am wirkungsvollsten ist.
Die Wirkmechanismen des Koffeins
Die Wirkungsmechanismen von Koffein sind vielfältig (mehr Details I, mehr Details II) und beeinflussen drei Hauptsysteme:
- Das Zentrale Nervensystem (ZNS). Koffein erhöht den Dopamin- und Adrenalinspiegel (Studie I, Studie II). Es erhöht somit die Schmerz- und Anstrengungsschwelle (Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV) und macht das Training auf diese Weise erträglicher (Studie). Es wirkt sich auch positiv auf die kognitiven Leistungen aus, da es als Nootropikum gilt.
- Die Muskulatur. Koffein verbessert die Ansteuerung der motorischen Einheiten (Studie) und erhöht die Muskelaktivierung (Studie). Es reduziert darüber hinaus die mit dem Training verbundenen Muskelschmerzen (Studie).
- Die Energiesysteme / Den Stoffwechsel. Koffein erleichtert die Mobilisierung von Fett (Studie I, Studie II, Studie III) und erhöht dessen Oxidation bei körperlicher Aktivität (Meta-Analyse, Studie I, Studie II, Studie III, Studie IV). Koffein erhöht auch leicht den sogenannten EPOC- oder Nachbrenneffekt (EPOC steht für Excess post-exercise oxygen consumption) in den Stunden nach dem Training (Studie I, Studie II).
Koffein und körperliche Leistungsfähigkeit
Die erhöhte Verfügbarkeit von Fettsäuren kommt insbesondere deiner Ausdauerleistung zugute (Studie I, Studie II, Studie III) indem Glykogen konserviert und die Ermüdung verzögert wird (Studie I, Studie II, Studie III).
Die Auswirkungen von Koffein auf das zentrale Nervensystem, beispielsweise auf die Übertragung von Nervenimpulsen, scheint auch die Leistung bei kurzfristigen explosiven Bewegungen zu verbessern (Studie I, Studie II).
Als ob dies nicht schon genug wäre, erhöht Koffein auch die anaerobe Kapazität (mehr Details), erleichtert eine höhere Arbeitsbelastung (Studie) und steigert den Kraftzuwachs (Studie I, Studie II, Studie III).
Obwohl Koffein in erster Linie vor dem Training eingenommen werden sollte (mehr dazu in Kürze), kann auch der Konsum nach dem Training Vorteile bringen. Koffein optimiert etwa die Synthese von Muskelglykogen (Studie), teilweise durch die Erhöhung der sogenannten GLUT-4-Rezeptoren (Studie).
Wenn du zwei Trainingseinheiten an einem Tag absolvierst (z. B. in der Früh und am Nachmittag) beschleunigt Koffein nach der ersten Einheit (im Zusammenspiel mit Kohlenhydraten) die Wiederauffüllung der Glykogenspeicher. So kannst du deine Leistung in der zweiten Trainingseinheit verbessern (Studie I, Studie II).
Sportler, Schlaf und Kaffee
Die Tage vor Wettkämpfen sind oft hektisch: Reisen, Nervosität, neue Umgebung und auch Zeitverschiebungen belasten die Athleten. Das Ergebnis ist ein Leistungsabfall zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt.
Eine bekannte Strategie zur Abschwächung dieses Effekts ist das sogenannte sleep banking. Sie besteht im Wesentlichen darin, in den Nächten vor der Reise zusätzlichen Schlaf zu sammeln, wobei man sich die Tatsache zunutze macht, dass der Schlaf wie eine Art Bankkonto funktioniert. Wenn du mehrere Nächte lang Schlaf ansparst, ist es nicht ganz so fatal, an den folgenden Tagen weniger zu schlafen (Studie I, Studie II).
Neben dem Vorschlafen kannst du deine Verfassung am Wettkampftag auch durch Koffein verbessern. Koffein steigert die körperliche und kognitive Leistungsfähigkeit unter Schlafentzug, verkürzt die Reaktionszeit und erhöht die Sprungkraft (Studie).
Empfohlene Dosierung
Die meisten Studien verwendeten eine Dosis von 3–6 mg/kg. Das heißt, wenn du 70 kg wiegst, solltest du vor dem Training 200–400 mg zu dir nehmen. Wie immer solltest du im unteren Bereich beginnen und dich langsam vortasten. Bei manchen Menschen können bei einer zu großen Dosis Koffein, Magen-Darm-Probleme oder eine Überstimulation auftreten.
Morgens kannst du grundsätzlich höhere Dosen als abends verwenden, um eine Beeinträchtigung deines Schlafs zu vermeiden. Die Halbwertszeit einer Substanz ist die Zeit, die dein Körper benötigt, um die Hälfte der eingenommenen Dosis wieder auszuscheiden. Im Falle von Koffein liegt sie zwischen vier und neun Stunden. Wenn die Halbwertszeit für deine Genetik sechs Stunden beträgt und du deinen letzten Kaffee um sechs Uhr abends trinkst, fließt also um Mitternacht noch die Hälfte des Koffeins durch deine Adern.
Verschiedene Varianten des CYP1A2-Gens führen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich des Koffeinstoffwechsels (Studie I, Studie II) und damit zu unterschiedlichen Auswirkungen auf deine Leistungsfähigkeit (Studie).
Zeitpunkt der Einnahme
Um die oben beschriebenen Vorteile zu erzielen, solltest du Koffein 45–60 Minuten vor dem Training einnehmen, obwohl die Wirkung noch länger anhält. So bleibt etwa die Konzentration von Fettsäuren im Blut für mehr als drei Stunden erhöht (Studie).
Genauer gesagt hängt die Absorptionsdauer von der Art der Einnahme ab. Kaffee dabei wirkt schneller als Koffeintabletten (Studie).
Außerdem beinhaltet Kaffee viel mehr als Koffein. So tragen insbesondere einige der enthaltenen Polyphenole unabhängig vom Koffein zu einer erhöhten Fettoxidation bei (Studie). Die ergogene Wirkung ist ähnlich (Studie), aber man erhält durch den Konsum von Kaffee mehr Nährstoffe.
Der Hauptvorteil der Tabletten liegt in der genauen Dosierung, die bei Kaffee viel schwieriger einzustellen ist, da der Koffeingehalt je nach Zubereitung und Sorte variiert. Ein Richtwert: Ein Espresso enthält etwa 100 mg Koffein.
Koffein mit Kreatin kombinieren?
Eine Studie aus den 1990er-Jahren kam zu dem Ergebnis, dass Koffein die positive Wirkung von Kreatin beeinträchtigt. Neuere Studien haben diesen Effekt jedoch entweder nicht bestätigt (Studie I, Studie II), oder nur in einem sehr geringen Ausmaß festgestellt (Studie).
Eine aktuelle Studie kommt sogar zum Ergebnis, dass Koffein die Wirkung von Kreatin noch verstärkt und zu mehr Kraft führt.
Eine andere Studie ergab auch bessere Leistungen bei Sprintintervallen, wenn Kreatin und Koffein kombiniert wurden.
Viele Pre-Work-out-Präparate kombinieren Kreatin mit Koffein, ohne dass es zu relevanten Beeinträchtigungen kommt (Studie I, Studie II). Allerdings fehlen noch längerfristige Studienergebnisse, um das zu bestätigen.
Um auf Nummer sicher zu gehen, empfiehlt es sich, Koffein vor und Kreatin nach dem Training einzunehmen (Studie).
Verträglichkeit und zyklischer Konsum
Wie wir gesehen haben, wirkt Koffein sowohl auf das Nervensystem als auch auf die Muskeln. Die Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem lassen bei chronischem Konsum nach, aber die anderen Vorteile bezüglich der Leistung bleiben erhalten (Studie I, Studie II).
Eine neuere Studie zeigt, dass die Leistungssteigerung bei Ausdaueraktivitäten auch bei regelmäßigem Konsum von Koffein nicht verringert wird.
Bei Sportarten, die mehr Kraft oder Explosivität erfordern und bei denen das zentrale Nervensystem eine wichtige Rolle spielt, kann chronischer Kaffeekonsum die Wirksamkeit des Koffeins verringern (Studie).
In diesen Fällen ist es ratsam, den Koffeinkonsum zyklisch zu gestalten, indem man ihn für die härtesten Trainingseinheiten der Woche reserviert und/oder gelegentlich eine Koffeinpause von 7 bis 10 Tagen einlegt. Eine Möglichkeit, diesen Prozess erträglicher zu gestalten, besteht darin, in dieser Zeit entkoffeinierten Kaffee zu trinken. Die meisten Vorteile des Kaffees bleiben erhalten, aber dein Gehirn wird mit dem Placebo-Effekt ausgetrickst.
Wenn du in einem bestimmten Wettkampf optimale Ergebnisse erzielen willst, solltest du zumindest in den vier Tagen davor auf Koffein verzichten (Studie). Dadurch wird die Wirkung des Koffeins signifikant verstärkt.
Übrigens scheint eine aktuelle Meta-Analyse darauf hinzuweisen, dass der Gewöhnungseffekt relativ gering ist, sodass du nicht auf deinen täglichen Kaffee verzichten musst.
Wenn du eher ein Teetrinker bist, klicke auf diesen Link.
Wenn du gehört hast, dass Kaffee schlecht ist, klicke auf diesen Link.
Titelfoto: Sahand Hoseini auf Unsplash
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